Abschiebe-Seelsorger: "Wir brauchen keine Abschiebehaft"

5. März 2015. Berlin (epd). Der Vorsitzende von Asyl in der Kirche Berlin, Bernhard Fricke, hat sich für Alternativen zur Abschiebehaft ausgesprochen. So könnten für ausreisepflichtige Ausländer beispielsweise Meldeauflagen verhängt werden, sagte der evangelische Seelsorger im Abschiebegewahrsam Grünau und Eisenhüttenstadt der in Berlin erscheinenden "tageszeitung" (Donnerstagsausgabe). Nötig sei aber vor allem eine unabhängige Beratung für diese Menschen über Hilfsmöglichkeiten in den jeweiligen "Zielländern" sowie über die Vorteile einer freiwilligen Ausreise: "Zum Beispiel, dass sie noch einmal ins Asylverfahren kommen können und sie keine Einreisesperre bekommen", sagte Fricke weiter.

"Meine Erfahrung ist, dass viele nicht verstehen, dass sie in Deutschland keine Chance haben", betonte der Pfarrer. Da müsse sich jemand von einer nicht staatlichen Stelle mit jedem Einzelnen hinsetzen und alles genau erklären.

So würden viele Ausreisepflichtige auch nicht verstehen, was in den Schreiben der Ausländerbehörde steht. Wenn sie dann zum angekündigten Zeitpunkt der verpflichtenden Ausreise von der Polizei nicht in ihrem Heim oder ihrer Wohnung angetroffen, aber später "aufgegriffen werden, kommen sie in Abschiebehaft".

Fricke plädierte dabei für ein großzügigeres Verwaltungshandeln: "Ich finde, die Behörden sind da ein bisschen kleinlich, sie könnten es ruhig noch ein zweites Mal mit einer freiwilligen Ausreise versuchen", sagte Fricke, der auch stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche ist.

Der Berliner Landesrechnungshof hatte zuletzt die Kosten von elf Millionen Euro im Jahr für den Abschiebegewahrsam in Grünau als "unangemessen hoch" kritisiert. 2012 gab es im Jahresdurchschnitt noch 17 Insassen pro Tag. Damit kamen zehn Beschäftigte auf einen Abzuschiebenden. Das ehemalige DDR-Frauengefängnis verfügt heute den Angaben zufolge noch über 160 Plätze.

Zwischen Berlin und Brandenburg wird bereits länger über einen gemeinsamen Abschiebegewahrsam an einem neuen Standort nachgedacht. Fricke meinte dazu, "wir brauchen keine Abschiebehaft". Wenn aber künftig ein "Ausreisegewahrsam" vom Gesetz vorgeschrieben werde, dann wäre es sinnvoll, "dass sich Berlin und Brandenburg zusammentun und etwas Modernes bauen, wo Menschen gut untergebracht werden", sagte Fricke der Zeitung.