25.04.2014
Auch in den Kirchen müsse der Umgang mit sexuellen Unterschieden moderner und toleranter werden.
25. April 2014. Hannover (epd). Der Berliner evangelische Superintendent Bertold Höcker wirbt für einen offeneren Umgang mit sexueller Vielfalt an Schulen. «Es ist überfällig, dass das Thema in die Schulbücher kommt», sagte der Theologe am Donnerstagabend in Hannover mit Blick auf einen umstrittenen Bildungsplan der baden-württembergischen Landesregierung. Höcker äußerte sich bei einer Veranstaltung im «Haus der Religionen» im Gespräch mit einem Islamwissenschaftler.
Viele Menschen hätten nach seinen Erfahrungen Furcht davor, dass sich das traditionelle Familienbild auflöse, sagte der gebürtige Kieler und frühere Kölner City-Kirchenpfarrer. Der Protest gegen das Unterrichtsthema sei daher vor allem angstgeleitet: «Angst ist aber kein guter Ratgeber.»
Auch in den Kirchen müsse der Umgang mit sexuellen Unterschieden moderner und toleranter werden, forderte Höcker. Die umstrittene Orientierungshilfe der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die aus kirchlicher Sicht Stellung zur Familienpolitik bezieht, sehe er als ein «hervorragendes Papier». Menschen seien mehr als nur biologische Funktionsträger: «Liebe ist eben auch legitim, wenn keine Fortpflanzung im Spiel ist.»
Der Berliner Islamwissenschaftler Andreas Ismail Mohr sagte, für Muslime sei es gegenwärtig «unvorstellbar», sexuelle Vielfalt in religiösen Veranstaltungen zu würdigen. Trotzdem sei nach seiner Schätzung etwa jeder zweite Muslim für die sogenannte «Homo-Ehe». Homosexualität werde an keiner Stelle im Koran explizit als Sünde bezeichnet. In Ländern wie Afghanistan, Brunei oder dem Iran gebe es dennoch «traditionelle Überlieferungen», die heute zu schweren Strafen für homosexuelle Handlungen führten. «Diese orthodoxe Anwendung der Strafpraxis widerspricht auch für mich als Muslim den Menschenrechten», kritisierte Mohr.