Bundesregierung kritisiert mögliche Haftstrafe für Steudtner - Linken-Politikerin Dagdelen: Türkei macht Politik nach "Mafia-Art"

09.10.2017

Bis zu 15 Jahre Haft drohen dem Berliner Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner in der Türkei. Das hohe Strafmaß stößt bei Bundesregierung, Politikern, Gewerkschaftern und Kirchenvertretern auf Unverständnis.

Berlin/Köln (epd). Der Fall des in der Türkei inhaftierten deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner sorgt erneut für politische Spannungen. Die Bundesregierung übte scharfe Kritik an dem Strafmaß von bis zu 15 Jahren Gefängnis, das dem Aktivisten droht. Solche Forderungen seien nicht akzeptabel und vollkommen unverständlich, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin: "Wir erwarten von der Türkei, dass die deutschen Staatsangehörigen, die aus nicht nachvollziehbaren Gründen inhaftiert sind, freigelassen werden." Dafür werde sich die Bundesregierung mit allen Möglichkeiten einsetzen.

Steudtner sitzt seit Juli in Haft. Nun hat die türkische Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift aufgesetzt. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes werden Steudtner unter anderem die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und deren Unterstützung vorgeworfen. Allerdings habe man das Dokument noch nicht einsehen können. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte sich bereits am Sonntagabend besorgt geäußert. "Augenscheinlich wird an den aus Sicht der Bundesregierung absolut nicht nachvollziehbaren Vorwürfen gegen Peter Steudtner unbeirrt festgehalten", erklärte Gabriel.

Die türkische Staatsanwaltschaft fordert laut Medienberichten vom Wochenende für elf im Juli festgenommene Aktivisten, darunter Steudtner, bis zu 15 Jahre Haft. Zu den Inhaftierten gehören auch der Vorstandssprecher der türkischen Sektion von Amnesty International, Taner Kilic, sowie die Amnesty-Direktorin Idil Eser. "Jeder einzelne Tag in Haft ist einer zu viel", sagte der deutsche Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation, Markus Beeko. Er warf den türkischen Behörden vor, das Justizsystem politisch zu instrumentalisieren.

Scharfe Kritik kam auch aus den Reihen der Linken und der Grünen. Im Deutschlandfunk sprach die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen von einer türkischen Außenpolitik nach "Mafia-Art". Eine solche Regierung dürfe kein Partner der Bundesregierung sein. Für Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) ist die derzeitige Entwicklung ein "Beweis für die massive Erosion rechtsstaatlicher Normen unter Präsident Recep Tayyip Erdogan". Beide forderten die Freilassung der Menschenrechtler.

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di reagierte mit Unverständnis. "Die türkische Regierung setzt das Unrecht fort", sagte der stellvertretende Ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Sowohl Steudtner als auch die ebenfalls inhaftierten Journalisten Deniz Yücel und Mesale Tolu müssten sofort freigelassen werden. "Die drei sind, wie auch andere politische Gefangene in der Türkei, zum Faustpfand einer Regierung geworden, die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit den Füßen tritt", sagte Werneke. Der Prozess gegen Tolu soll am Mittwoch starten. Wann das Verfahren gegen Steudtner beginnt, ist unklar.

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zeigte sich besorgt über die neue Lage. "Wir stehen an der Seite der Gemeinde und der Familie im Gebet und in der Fürbitte", sagte Landesbischof Markus Dröge. Man sei sicher, dass sich die Vorwürfe als völlig haltlos erweisen würden.

Die Pfarrerin an der evangelischen Gethsemanekirche, Almut Bellmann, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Gemeinde schwanke zwischen Entsetzen und Hoffnung. Für Montagabend war in der Kirche wieder eine Fürbittandacht für Steudtner und andere in der Türkei inhaftierte Journalisten und Menschenrechtsaktivisten geplant. In der Gemeinde im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg gibt es seit Juli immer montags Fürbittandachten sowie täglich Gebete für Steudtner und seine Mitgefangenen.

Internet
Interview Sevim Dagdelen: http://u.epd.de/vmi Erklärung Sigmar Gabriel: http://u.epd.de/vmh Pressemitteilung Amnesty: http://u.epd.de/vmr Newsblog von Amnesty International zur Türkei: http://u.epd.de/vmp Pressemitteilung Ver.di: http://u.epd.de/vmz
Kirchengemeinde: www.ekpn
Statement Bischof Dröge: www.ekbo.de

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