03.09.2014
3. September 2014. Potsdam/Berlin (epd). Im Streit über den geplanten Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche hat sich Brandenburgs früherer Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) erneut für das Projekt ausgesprochen. «Ich bin für den Wiederaufbau des Turms der ehemaligen Garnisonkirche mit einer Friedens- und Versöhnungskapelle und für eine offene Debatte über Bau, Gestalt und Nutzung des ehemaligen Kirchenschiffs», schreibt Stolpe in der Berliner Wochenzeitung «Die Kirche» (Ausgabe vom 7. September).
Die aktuelle Arbeit in der neuen Kapelle am historischen Standort der 1945 zerstörten und 1968 abgerissenen Kirche stehe in der Tradition der DDR-Friedensbewegung «Schwerter zu Pflugscharen», schreibt Stolpe weiter: «Das braucht Unterstützung, denn deutsche Politik scheint die bisherige militärische Zurückhaltung zu verlieren, und den Waffenlieferungen in Kampfgebiete kann schnell der Soldateneinsatz folgen.»
Es sei zudem sinnvoll darüber nachzudenken, was nach dem Bau des Turms mit dem Grundstück des Kirchenschiffs geschehen soll, schreibt Stolpe, der auch dem Kuratorium der Garnisonkirchenstiftung angehört. Derzeit würden Ideen für einen modernen Bau im bewussten Gegensatz zum barocken Kirchturm entwickelt, auch eine multifunktionale Halle für kirchliche, kommunale und kulturelle Zwecke stehe zur Diskussion, schreibt Stolpe: «Darüber muss unter Beteiligung der Bevölkerung geredet und auch gestritten werden.»
Die evangelische Pfarrerin Ruth Misselwitz, die auch den neuen Aufruf «Christen brauchen keine Garnisonkirche» unterzeichnet hat, kritisiert, es sei den Befürwortern des Wiederaufbaus trotz der bereits seit vielen Jahren andauernden Auseinandersetzungen und anerkennenswerter Motive bisher nicht gelungen, die nötige Akzeptanz für das Projekt zu schaffen.
Die Garnisonkirche stehe wie kaum ein anderes Gebäude dafür, «wie sich die Kirche in unserer deutschen Geschichte nicht missbrauchen, sondern wissentlich und willentlich in den Dienst nehmen ließ», schreibt Misselwitz weiter: «Warum soll ausgerechnet diese Kirche, und sei es nur der Turm, wieder aufgebaut werden?»
Die jahrelangen Bedenken innerhalb der Kirche seien durch die Idee, dort ein Versöhnungszentrum zu errichten, überwunden worden. Doch nun stelle sich die Frage, was dort mit wem versöhnt werden soll, schreibt die Theologin: «Die Kirche mit ihrer schuldhaften Geschichte? Das Nachkriegsdeutschland mit dem Vorkriegsdeutschland? Und mit welchem Ziel?»
Ein Zentrum christlicher Versöhnungsarbeit und für andere Aufgaben sei vorstellbar, wenn ein klares Konzept vorliege, «in dem das mutige Aufdecken von Schuld und Versagen geplant ist», schreibt Misselwitz: «Dazu brauchen wir aber kein millionenschweres Gebäude mit all seiner militanten Symbolik.»