Demonstration fordert Bleiberecht für Kreuzberger Flüchtlinge

6. Juli 2014. Berlin (epd). Mehrere tausend Menschen haben am Samstag in Berlin für ein Bleiberecht für die Flüchtlinge demonstriert, die in den vergangenen Monaten unter anderem eine frühere Schule im Stadtteil Kreuzberg besetzt hatten. An den Protesten beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 2.700 Menschen, nach Angaben der Veranstalter waren es rund 5.000 Teilnehmer. Die langjährige erste Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John erteilte Forderungen nach einem Bleiberecht eine Absage. Dies sei "nicht diskussionsfähig", sagte die CDU-Politikerin der "Berliner Morgenpost" (Sonntagsausgabe).

Zu der Demonstration, die über mehrere Stationen zu der Schule führte, hatte eine Bündnis aus Gewerkschaften, Menschenrechts- und Migrantenorganisationen aufgerufen. Ein Bleiberecht wäre in diesem Fall "nur ein staatliches Förderprogramm für Schlepperorganisationen", sagte John: "Da können wir auch gleich die Ausländerbehörde schließen und die deutsche Asylgesetzgebung wegwerfen." Die Forderungen der Flüchtlinge und ihrer Unterstützer nach einer Lockerung der Residenzpflicht und nach Zugang zum Arbeitsmarkt seien hingegen vollkommen richtig. "Das steht ja auch schon im Koalitionsvertrag", betonte John: "Ich verstehe nicht, warum das nicht längst beschlossen wurde."

Nach dem Kompromiss mit den Flüchtlingen in der früheren Gerhart-Hauptmann-Schule bahnen sich nun einem Zeitungsbericht zufolge neue Konflikte an. Für die Flüchtlinge, die auch künftig in dem Gebäude leben wollen, würden keine staatlichen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt, sagte eine Sprecherin von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) der "Berliner Zeitung" (Samstagsausgabe). Voraussetzung dafür wäre gewesen, dass die Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünfte umziehen. Auch weitere Bestandteile der Vereinbarung vom Mittwochabend wie Deutsch- und Ausbildungskurse oder die Beratung durch Caritas oder Diakonie während der Bearbeitung der Anträge der Flüchtlinge stünden den Bewohnern der früheren Schule nicht zu.

Nach knapp einem Jahr Verhandlungen war in der vergangenen Woche ein Großteil der mehr als 200 Menschen aus dem Schulgebäude ausgezogen. Rund 40 Flüchtlinge wollen weiter dort leben. Dies soll dem Kompromiss zufolge möglich sein, die frühere Schule soll zu einem Flüchtlingszentrum umgewandelt und auch mit sanitären Einrichtungen ausgestattet werden. Als Trägerin ist die Diakonie der evangelischen Kirche im Gespräch. Vor dem Kompromiss war die Polizei nach einem Räumungsgesuch des Baustadtrates des Bezirks, Hans Panhoff (Grüne), mehrere Tage mit einem Großaufgebot vor Ort.

Der Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain gehe dennoch weiter davon aus, dass der Senat die Flüchtlinge finanzieren werde, hieß es weiter. Die Schule einfach zu einer Gemeinschaftsunterkunft umzuwidmen, sei jedoch schwierig, weil das Gebäude bislang nicht einmal hygienischen Minimalstandards entspreche. Auch die Frage, ob die insgesamt rund 500 Flüchtlinge, die an den verschiedenen Protestaktionen und Besetzungen in den vergangenen mehr als anderthalb Jahren in Berlin beteiligt waren, ein Bleiberecht aus humanitären Gründen bekommen, sei im Senat weiter umstritten, hieß es weiter. Eine Entscheidung solle jedoch noch vor der Sommerpause fallen.