Diakonisches Oberlinhaus begeht 150. Gründungstag

Kinder, Menschen mit Behinderungen, Kranke: Das Oberlinhaus in Potsdam kümmert sich seit 150 Jahren um Menschen, die Unterstützung brauchen. Angefangen hat es mit einer Kleinkinderschule, heute arbeiten rund 2.000 Menschen bei dem Diakonieträger.

Potsdam (epd). Das diakonische Sozialunternehmen Oberlinhaus in Potsdam wird 150 Jahre alt. Der Gründungstag des Oberlinvereins am 12. Oktober 1871 in Berlin wird am Dienstag mit einem Gottesdienst in der evangelischen Oberlinkirche in Potsdam-Babelsberg begangen. Zu einem Grußwort wird dort nach Angaben der Staatskanzlei auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erwartet. Der Verein und das Sozialunternehmen mit Einrichtungen der Behindertenhilfe, Pflege und Medizin sind nach dem elsässischen Sozialreformer und protestantischen Theologen Johann Friedrich Oberlin (1740-1826) benannt.
Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) würdigte das Oberlinhaus bereits vorab in einem Grußwort. Die Arbeit des Hauses und die Vernetzung „in ganz Potsdam hinein“ seien ihm „sehr ans Herz gewachsen“, betonte Platzeck, der auch einige Jahre dem Aufsichtsrat angehörte. Er sei gerne Vereinsmitglied geworden.

Wissenschaftsministern Manja Schüle (SPD) betonte, das Oberlinhaus sei „ein Ort, der alle Menschen willkommen heißt“. Oberlinhaus und Stadtteil gäben einander „Hoffnung, Trost und Halt“, betonte Schüle: „In glücklichen Stunden genauso wie in erschütternden und traurigen.“ Glückwünsche kamen auch vom Filmregisseur Volker Schlöndorff, vom Fußballverein Babelsberg 03 und weiteren Gratulanten.
Ziel des Oberlinvereins war zunächst die Betreuung und Bildung kleiner Kinder aus armen Verhältnissen. 1874 wurde im Weberviertel Nowawes, dem heutigen Potsdamer Stadtteil Babelsberg, eine Schule für Arbeiterkinder gegründet. 1881 folgte eine Poliklinik, 1883 eine Kinderkrippe, 1888 die erste Krankenstation. 1890 eröffnete das Oberlinhaus in Nowawes das erste Krankenhaus mit 45 Betten.

1886 begann die Arbeit mit körperlich Behinderten. Als erster wurde ein vollständig gelähmter Junge aufgenommen. Der Elfjährige habe damals ohne Hilfe nicht einmal Nahrung zu sich nehmen können, schreibt das Diakonieunternehmen über seine Geschichte. Dank intensiver Betreuung habe er nach einigen Jahren mit Krücken laufen können und beim Essen und Ankleiden keiner Hilfe mehr bedurft.

1887 begann die Arbeit mit Taubblinden, 1906 wurde das erste „Taubstummblindenheim“ Deutschlands mit rund 40 Plätzen eröffnet. Zugleich stieg nach Angaben des Oberlinhauses auch der Bedarf an behindertengerechten beruflichen Ausbildungen. Das Oberlinhaus begann, Werkstätten einzurichten und Lehrlinge auszubilden. Im Jahr 1900 wurde der Verein für sein Konzept der Rehabilitation auf der Pariser Weltausstellung mit einer Goldmedaille ausgezeichnet.

Heute arbeiten im Oberlinhaus mit seinen 15 Gesellschaften an 25 Standorten in Brandenburg, Berlin und Niedersachsen nach Unternehmensangaben rund 2.000 Menschen. Das Diakonieunternehmen ist Träger unter anderem von Kindergärten, Schulen, einem Berufsbildungswerk, Kliniken und Wohnstätten.
Das Jubiläumsjahr wird durch das Gewaltverbrechen vom Frühjahr überschattet, bei dem in einer Einrichtung für Menschen mit schweren Behinderungen vier Frauen und Männer getötet wurden. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen Anklage gegen eine tatverdächtige langjährige Mitarbeiterin erhoben.