Endstation Museum - Der Leichen-Plastinator Gunther von Hagens eröffnet in Berlin seine umstrittenen "Körperwelten"

16.02.2015

Von Lukas Philippi (epd)

 

Am Mittwoch soll das umstrittene "Menschen Museum" des Leichen-Plastinators Gunther von Hagens am Berliner Alexanderplatz eröffnen. Doch die juristische Auseinandersetzung darüber ist noch nicht beendet.

 

16. Februar 2015. Berlin (epd). Noch wirkt Ilona Katzorke wie das blühende Leben. Die 63-jährige Zahnärztin steht in ihrer Praxis im Berliner Szenebezirk Friedrichshain, die letzten Patienten sind gerade gegangen. Seit mehr als 35 Jahren arbeitet sie in Berlin. Seit 15 Jahren weiß die zierliche Frau, was aus ihr einmal wird, wenn sie tot ist. Katzorke ist eine sogenannte Körperspenderin: "Ich werde ein Ganzkörperplastinat" - und zwar eines aus dem Institut des Leichenplastinators Gunther von Hagens, der in diesen Tagen seine erste ständige Ausstellung unter dem Berliner Fernsehturm eröffnen will.

 

"Es ist mein persönlicher Wunsch und Wille, aus freien Stücken", betont Katzorke und lächelt einen dabei mit ihren strahlend blauen Augen an. Sie habe keine Angst vor dem Sterben. "Ich weiß ja, was mit mir passiert." Den Entschluss dazu fasste sie schon während des Medizinstudiums in Greifswald, sagt sie. Hinzu komme, dass sie eine ausgeprägte "Ungezieferphobie" habe. Die Vorstellung, einmal als Leichnam oder als Asche unter der Erde zu landen, lässt sie erschauern.

 

Katzorke ist begeistert von der Plastinationstechnik von Hagens'. 2001 hat sie ihre erste "Körperwelten"-Ausstellung gesehen. Seitdem folgten "bestimmt fünf oder sechs" weitere Besuche. Mit dabei war auch ihr Sohn, der mit ihr gemeinsam die Zahnarztpraxis betreibt: "Jeder Medizinstudent sollte die Ausstellung besuchen" - es sei besser als die Präparate, die gemeinhin im Studium geboten würden und "man muss nicht aus dem Atlas lernen" - Nerven, Fasern, Muskeln, "alles ist zu sehen". Einen Gewinn hätten auch Nicht-Mediziner, "Menschen, die sich informieren wollen". Ein Besuch in einer "Körperwelten"-Ausstellung diene der Allgemeinbildung. 

 

Am Mittwoch eröffnet nun der umstrittene Leichen-Präparator seine erste ständige Ausstellung am Fuße des Berliner Fernsehturms. In dem "Menschen Museum" sollen etwa 20 Ganzkörperplastinate und 200 Teilplastinate zu sehen sein. 

 

Doch das Vorhaben stößt auf Protest. Die evangelische Kirche ruft anlässlich der Eröffnung am Mittwochabend zu einem Trauermarsch auf. Der zuständige Bezirk Mitte mit seinem streitbaren Bürgermeister Christian Hanke (SPD) hat bislang vergeblich versucht, das Museum zu verbieten. Die Museumsbetreiber haben erfolgreich gegen das Verbot geklagt. Jetzt liegt das Verfahren beim Oberverwaltungsgericht, der Bezirk ist in Berufung gegangen. Er steht auf dem Standpunkt, dass es sich bei den Körperplastinaten von Hagens um Leichen handelt - und diese gehören laut Gesetz bestattet.

 

Katzorke hat für den Protest kein Verständnis: "Wer das nicht mag, der muss dort doch nicht hingehen." Die Entscheidung liege bei jedem Einzelnen: "Es wird niemand verpflichtet, in das Museum zu gehen."

 

Die Zahnärztin und "Körperspenderin" ist getauft, konfirmiert und bezeichnet sich als "nicht ungläubig", auch wenn sie inzwischen aus der Kirche ausgetreten ist. Für sie handelt es sich bei den Exponaten von Hagens' nicht um Tote, sondern um "Körperhüllen": "Wenn ich den letzten Atemzug mache, bin ich tot, und die Hülle von einem bleibt übrig."

 

Der Evangelische Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte wirft von Hagens dagegen vor, "unter dem Vorwand medizinischer Aufklärung und Wissensvermittlung" den "Voyeurismus von Noch-Lebenden" zu befriedigen. Superintendent Bertold Höcker ist überzeugt, dass das Museum gegen die grundgesetzlich geschützte Menschenwürde verstößt. Verstorbene gehörten bestattet, um sie der Verfügung durch die Lebenden zu entziehen, meint Höcker.

 

Zahnärztin Katzorke findet es dagegen spannend, was ihr toter Körper einmal der Nachwelt vermitteln kann: "Bei mir wäre es wirklich interessant, nach mehr als 40 Jahren im Beruf meine Handgelenke freizulegen, wegen einer möglichen Arthrose." Das sollten sich dann Kollegen und Ergonomen anschauen und überlegen, "wie so etwas in Zukunft verhindert werden kann". Allerdings möchte sie als Ganzkörperplastinat nicht mit einem Zahnarzt-Bohrer in der Hand präsentiert werden, "als ob ich jemanden behandele: das wäre Quatsch und Showeffekt!"

 

 

 

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