Ethikrat uneins in der Bewertung des Hirntods

24.02.2015

Tot oder noch lebendig - die Bewertung des Hirntods spaltet die Wissenschaft seit langem. Auch im Deutschen Ethikrat gibt es dazu verschiedene Auffassungen. Als Kriterium für eine Organspende stellen sie das Gehirnversagen aber nicht infrage.

 

24. Februar 2015. Berlin (epd). Der Hirntod ist nach Auffassung des Deutschen Ethikrats ein ausreichendes Kriterium für die Entnahme von Organen zur Spende an Kranke. Zu dieser einstimmigen Haltung kommt das Gremium in seiner am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme "Hirntod und Entscheidung zur Organspende". Der Ethikrat bestätigt damit die Grundlage des deutschen Transplantationsrechts, nach dem eine Organentnahme nur möglich ist, wenn der Spender hirntot ist. In der Bewertung des Hirntods kommen die Mitglieder des Gremiums aber zu einer unterschiedlichen Haltung: Für eine Mehrheit ist der Hirntod gleichbedeutend mit dem Tod des Menschen, für eine Minderheit gilt das nicht zwangsläufig.

 

Der Rechtswissenschaftler Reinhard Merkel, Vertreter des Mehrheitsvotums, verwies auf die besondere Funktion des Gehirns als zentrales Steuerungsorgan des Organismus. "Mit dem Erlöschen aller Gehirnfunktionen erlischt auch der Ursprung der Selbstinitiierung des organischen Geschehens", sagte er. "Einen solchen Organismus darf man mit guten ethischen Gründen für tot erklären und damit den ganzen Menschen, dessen mentales Leben damit ja ebenfalls unumkehrbar erloschen ist", sagte er.

 

Der Verfassungsrechtler Wolfram Höfling argumentierte dagegen, der Organismus basiere auf Wechselwirkungen und Rückkopplungen statt auf dem Prinzip einer zentralen Steuerung. Ein Körper könne auch bei Hirnversagen lebendig sein, sagte der Vertreter des Minderheitsvotums und verwies auf die Fortsetzung von Wundheilungsprozessen oder die Möglichkeit einer erfolgreichen Schwangerschaft bei Hirntoten, wenn sie weiter künstlich beatmet werden. Trotzdem beurteilt auch diese Minderheit es als ethisch und verfassungsrechtlich legitim, einem hirntoten Menschen Organe zu entnehmen.

 

Vor dem Hintergrund der seit Jahrzehnten geführten Diskussion um den Hirntod fordert der Ethikrat eine umfassendere Aufklärung der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Organspende. Bei den Materialien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und der Krankenkassen bestehe Nachbesserungsbedarf, sagte Ethikrats-Vorsitzende Christiane Woopen. Auch dort müssten die Positionen in der Diskussion um den Hirntod gleichermaßen abgebildet werden.

 

Eine Mehrheit im Gremium verlangt außerdem eine gesetzliche Klarstellung im Umgang mit potenziellen Organspendern, deren Behandlung nicht mehr in ihrem eigenen Interesse, sondern zum Schutz der möglichen Spendeorgane geschieht. Für eine erfolgreiche Organtransplantation muss ein Körper weiter beatmet werden, um das Absterben der Organe zu verhindern. Dies sei legitim, wenn der Betroffene vorher selbst eingewilligt hat. Habe er es nicht, sei derzeit gesetzlich nicht geregelt, wer es an seiner Stelle könne.

 

Das Bundesgesundheitsministerium begrüßte die Stellungnahme. Der Ethikrat greife ein wichtiges und hochsensibles Thema auf, zu dem ein großer Informationsbedarf bestehe, sagte Sprecherin Katja Angeli. "Wer sich für eine Organspende entscheidet, muss die Sicherheit haben, dass dies unter klaren Regeln erfolgt", sagte sie. Nach ihrer Einschätzung trägt das Transplantationsgesetz dem bereits Rechnung. Mit Blick auf die Forderung nach umfassenderer Information sagte Angeli, es sei wichtig, die Informationsmaterialien der Bundeszentrale laufend an den Bedarf anzupassen.

 

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz lobte die Stellungnahme. "Es ist gut, dass der Deutsche Ethikrat sich der Kontroverse um den Hirntod stellt", sagte Vorstand Eugen Brysch. Er forderte Bundesregierung und Bundesgesundheitsministerium auf, die Empfehlungen ernst zu nehmen und die Hirntod-Richtlinien nachzubessern.

 

Der Transplantationsmediziner Eckhard Nagel warnte indes vor einer Verunsicherung der Bevölkerung bei der Organspende. Im Deutschlandfunk sagte Nagel, der sich der Mehrheitsposition im Ethikrat angeschlossen hat, die naturwissenschaftliche Klarheit über den Hirntod müsse genutzt werden. Die überwiegende Anzahl der Deutschen möchte "über den Tod hinaus" durch eine Organspende anderen Menschen eine Lebenschance geben, sagte er.

 

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