29.07.2014
In Potsdam wird weiter über den geplanten Wiederaufbau der Garnisonkirche debattiert.
29. Juli 2014. Potsdam (epd). In Potsdam wird weiter über den geplanten Wiederaufbau der Garnisonkirche debattiert. Das Stadtparlament befasst sich am Mittwoch in einer Sondersitzung mit dem erfolgreichen Bürgerbegehren gegen das Bauvorhaben. Die Baustiftung sei "voller Vertrauen" in die Kommunalparlamentarier, weil sie anders als in der DDR demokratisch und legitimiert seien, sagt Stiftungsvorstand Peter Leinemann im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
epd: Das Bürgerbegehren gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche war erfolgreich, die nötige Stimmenzahl wurde erreicht. Nun wird auch ein Bürgerentscheid geplant. Wie geht die Stiftung damit um?
Peter Leinemann: Zuerst müssen wir feststellen, dass wir offensichtlich unsere guten Absichten noch nicht ausreichend deutlich machen konnten. Andererseits sehen wir, wie viele Fragen auf dieses Projekt projiziert werden. Es sind wichtige Fragen der Potsdamer Stadtgesellschaft und an die Geschichte dieses Ortes. Im Jahr 25 nach der Wende freut es uns jedoch grundsätzlich, dass bürgerschaftliches Engagement möglich ist. Nun sehen wir der Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch entgegen und sind da voller Vertrauen. Im Gegensatz zu 1968, als die Sprengung der Kirche beschlossen wurde, sind die Stadtverordneten ja heute glücklicherweise demokratisch und legitimiert.
epd: Der Potsdamer Mäzen Hasso Plattner hat kürzlich in einem Interview empfohlen, beim Thema Garnisonkirche den Bürgerwillen zu respektieren. "Es ist eine Entscheidung der Bürger von Potsdam, was mit der Kirche geschehen soll", sagte Plattner dort wörtlich: "Die Zugereisten müssen sich da etwas zurückhalten." Wie sehen Sie das?
Leinemann: Als in Potsdam Geborener sehe ich es etwas anders. Aus meiner Sicht sollten wir mit Unterscheidungen zwischen Alteingesessenen und sogenannten Neuen aufhören. Alle, denen Potsdam am Herzen liegt, sind Potsdamer. Egal wo sie geboren wurden, wie lange sie in der Stadt sind und welche sozialen, kulturellen oder religiösen Hintergründe sie haben. Jede gute Idee, jede konstruktive Kritik und jedes Engagement für die Stadt tun uns gut!
epd: Das Bauprojekt Garnisonkirche hat viele prominente Unterstützer, von Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker über Brandenburgs früheren Ministerpräsidenten Manfred Stolpe bis hin zu Vize-Bundeskanzler Sigmar Gabriel, der vor wenigen Wochen ebenfalls zu Spenden aufgerufen hat. Sind Sie dem Ziel, die für den Turmbau bislang noch fehlenden Millionen einzuwerben, näher gekommen?
Leinemann: Erfreulicherweise konnten wir Fortschritte machen. Die Projektkosten für den Turm belaufen sich auf 41 Millionen Euro, von denen wir rund 21 Millionen als abgesichert ansehen können. In diesem Turm werden sich 1.200 Quadratmeter Nutzfläche befinden. Es wird Seminarräume, eine Bibliothek, eine Lern- und Ausstellungsfläche und eine Kapelle dort geben.
epd: Was wollen Sie unternehmen, um unter den Einwohnern Potsdams mehr Unterstützer zu finden?
Leinemann: Wir müssen die inhaltlichen Ziele deutlicher machen. Im Turm werden wir Raum dafür schaffen, Geschichte zu erinnern, Verantwortung zu lernen und Versöhnung zu leben. Erinnern, Lernen und Leben, dieser Dreiklang wird die Nutzung des Turms ausmachen. Wie wichtig das Erinnern und das Lernen sind, zeigt schon jetzt die öffentliche Debatte. Dieses Angebot wird für alle Potsdamer und alle Besucher eine große Bereicherung werden. An einem Ort, an dem unsere Geschichte wie unter einem Brennglas verdichtet zu betrachten ist.
epd: Wann ist aus Ihrer Sicht realistischerweise mit einem Baubeginn zu rechnen?
Leinemann: Diese Frage steht in der Kuratoriumssitzung im Oktober auf der Tagesordnung.