12.12.2017
Ich habe Frau Merkel am ersten Tag nach dem Anschlag in der Kirche erlebt und ihre Anteilnahme deutlich gespürt
Berlin (epd). Am 19. Dezember jährt sich der islamistische Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz nahe der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Bei der Gewalttat starben zwölf Menschen, mehr als 60 wurden teilweise schwer verletzt. Versäumnisse im Umgang mit den Hinterbliebenen gab es nach Ansicht von Gedächtniskirchen-Pfarrer Martin Germer vor allem in der Anfangszeit, kurz nach dem Anschlag. Da seien zunächst "unglückliche Dinge geschehen", sagte Germer dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Etwa dass Rechnungen ausgestellt wurden an Angehörige, die in so einer Situation - wenn man mal darüber nachgedacht hätte - nicht hätten abgeschickt werden sollen."
Es habe sich damals gezeigt, dass viele Institutionen nicht auf so ein Ereignis eingestellt waren, betonte der evangelische Theologe. Zugleich verwies er darauf, dass es auch großes persönliches Engagement gegeben habe. So hätten sich in den Unfallkrankenhäusern viele Menschen freiwillig zum Dienst gemeldet, um Opfern und Betroffenen zu helfen.
Auch die Kritik an der Bundeskanzlerin zum Umgang mit den Betroffenen teilt Germer nicht. "Ich habe Frau Merkel am ersten Tag nach dem Anschlag in der Kirche erlebt und ihre Anteilnahme deutlich gespürt", betonte der Gedächtniskirchen-Pfarrer: "Bezüglich der Kritik, dass sie nicht persönlich kondoliert habe, kann ich nicht beurteilen, wie es dazu gekommen ist." Wichtig sei zu sehen, welche Lehren aus dem Ereignis gezogen werden können. "Ich habe den Eindruck, dass wirklich daran gearbeitet wird, wie man künftig auf solche Ereignisse besser vorbereitet ist. Dazu gehörte auch die Einrichtung der Stellen von Opferbeauftragten", sagte Germer.
Zudem betonte der Pfarrer, dass sich der dauerhafte Gedenkort für die Opfer, der am 19. Dezember vor der Gedächtniskirche eingeweiht wird, nun bewähren muss. "Bestandteil des Entwurfs ist, dass es das Denkmal verträgt, wenn auch mal Menschen darüber laufen. Sie werden es hoffentlich nicht achtlos tun", sagte Germer. Ziel sei gewesen, kein hervorstechendes, separat stehendes Denkmal zu errichten.
Germer zufolge wird mit dem goldenen Riss, der Bestandteil des Gedenkorts ist, "die Zerbrochenheit gewürdigt". "In das Leben der Betroffenen ist etwas Schreckliches hereingebrochen, und das Leben ist nicht mehr, wie es vorher war. Diese Erschütterung, dieser Schmerz, diese Wunde wird damit ausgedrückt", sagte der Pfarrer. Aber auch der gesellschaftliche Zusammenhalt, der einerseits einen tiefen Riss erfahren habe, aber andererseits dadurch glücklicherweise nicht zerstört worden sei, werde damit symbolisiert.
Internet
www.gedaechtniskirche-berlin.de