30.06.2017
Während Vertreter der evangelischen Kirche in Deutschland den Beschluss begrüßen, zeigt sich die katholische Kirche enttäuscht.
Berlin (epd). Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben unterschiedlich auf die vom Bundestag beschlossene "Ehe für alle" reagiert. Während die katholische Kirche sich enttäuscht zeigte, begrüßten Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland den Beschluss. Er bedauere, dass der Gesetzgeber wesentliche Inhalte des Ehebegriffs aufgegeben habe, "um ihn für gleichgeschlechtliche Partnerschaften passend zu machen", erklärte der Berliner Erzbischof Heiner Koch am Freitag in Berlin als Vorsitzender der Kommission für Ehe und Familie der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung begrüßte dagegen die Entscheidung des Bundestags vom Freitag ebenso wie etwa der evangelische Bischof Markus Dröge in der Hauptstadt.
Mit der Bundestagsentscheidung sei "eine differenzierte Wahrnehmung unterschiedlicher Partnerschaftsformen" aufgegeben worden, betonte Koch. Dabei bedeute Differenzierung nicht gleich Diskriminierung, so der Erzbischof. Die Väter des Grundgesetzes hätten der Ehe einen so herausragenden Platz in der Verfassung gegeben, "weil sie diejenigen schützen und stärken wollten, die als Mutter und Vater ihren Kindern das Leben schenken wollen". Werde jetzt vor allem der Schutz von Beziehungen und die Übernahme gemeinsamer Verantwortung als Begründung für die Öffnung der Ehe vorgebracht, so bedeute dies eine wesentliche inhaltliche Umgewichtung und eine Verwässerung des klassischen Ehebegriffs, sagte Koch.
Der evangelische Kirchenpräsident Jung erklärte in Darmstadt, damit gehe eine "lange Geschichte der Diskriminierung zu Ende". Zudem stärke der Beschluss die Ehe "als Schutzraum einer verbindlichen, verlässlichen und verantwortungsvoll gelebten Partnerschaft". Seiner Meinung schwächt die "Ehe für alle" nicht die Ehe, wie manche befürchteten, sondern stärke sie in ihrer Eigenschaft als eine auf Dauer angelegte und verantwortungsvoll gelebte Verbindung zweier Menschen.
In der Entscheidung des Bundestags spiegelt sich nach den Worten des Kirchenpräsidenten auch "eine konsequente Weiterentwicklung der Neubewertung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften wider". Jung zählt zu den Pionieren der Gleichstellung von Schwulen und Lesben in der evangelischen Kirche. Die hessen-nassauische Kirche war 2013 die erste Landeskirche in Deutschland, die die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare mit der Trauung heterosexueller Paare gleichgestellt und die Eintragung ins Kirchenbuch ermöglicht hat.
Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge verwies auf Anfrage auf die Haltung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, die vor der Entscheidung des Bundestages die geplante Öffnung der Ehe für Homosexuelle begrüßt hatte. "Die Bedeutung der Ehe zwischen Mann und Frau wird dadurch keineswegs geschmälert. Im Gegenteil - sie wird noch einmal unterstrichen", hieß es in der Erklärung des Rates vom Mittwochabend in Hannover. Zur Frage des "rechtlichen Rahmens" gebe es in den 20 evangelischen Landeskirchen indes "unterschiedliche Auffassungen, die auch weiterhin ihre Berechtigung haben werden", so die EKD.