Kritik an Berliner Kopftuchverbot wächst - Kirchen appellieren für mehr Toleranz

10.02.2017

Konsistorialpräsident Jörg Antoine, hoffte am Freitag im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst, "dass die Entscheidung Berlin hilft, sich zu mehr religiöser Toleranz durchzuringen"

Berlin (epd). Nach dem Kopftuch-Urteil des Landesarbeitsgerichtes wächst in Berlin die Kritik an dem strikten Verbot religiöser Symbole im öffentlichen Dienst. Insbesondere Juristen und Kirchenvertreter fordern eine Reform des Neutralitätsgesetzes. Beim Berliner Senat stieß das Urteil auf ein geteiltes Echo. Das Gericht hatte am Donnerstag einer wegen ihres Kopftuches abgewiesenen muslimischen Lehramtsbewerberin wegen Benachteiligung eine Entschädigung zugesprochen. Die Bewerbung der jungen Frau als Grundschullehrerin war vom Land mit Verweis auf ihre religiöse Kopfbedeckung abgelehnt worden. Dagegen hatte die Frau geklagt und war in zweiter Instanz erfolgreich.

Der zuständige Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD) erklärte am Freitag, die Gerichtsentscheidung sei "kein Urteil gegen das Neutralitätsgesetz", sondern habe lediglich einen Diskriminierungsfall behandelt. "Wenn es das Berliner Neutralitätsgesetz nicht gäbe, müsste es sofort geschrieben und verabschiedet werden." Die strikte Trennung von Staat und Religion sei wesentliches Element der Gesellschaft.  Unterstützung erhielt Geisel von Senatssprecherin Claudia Sünder. Es gebe aktuell keinen Handlungsbedarf, sagte die Sprecherin dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Zur Kritik von Linken und Grünen am Neutralitätsgesetz verwies Sünder auf den Berliner Koalitionsvertrag. Dazu sei nichts vereinbart. Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hatte am Donnerstag nach dem Urteil erklärt, das Gesetz sei nicht zu halten. Es schreibt unter anderem vor, dass Polizisten, Lehrer an allgemeinbildenden Schulen und Justizmitarbeiter im Dienst keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen dürfen. Der auch für Religionsgemeinschaften zuständige Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hatte sich schon vor Wochen für eine Überprüfung des Neutralitätsgesetzes ausgesprochen.

Der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg (TBB) warf Geisel vor, er habe nicht begriffen, worum es in dem Gerichtsentscheid gehe, nämlich darum, sich "schlicht und einfach" an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Januar 2015 zu halten. Nach dessen Entscheidung ist ein generelles Verbot eines muslimischen Kopftuches ohne konkrete Gefährdung etwa des Schulfriedens nicht zulässig. TBB-Vorstand Safter Cinar erklärte, das Neutralitätsgesetz verstärke zudem Vorurteile, in dem es das Tragen eines von vielen Muslimen als Gebot erachteten Kopftuches zur Gefahr erkläre. 

Die beiden großen Kirchen in Berlin begrüßten das Kopftuch-Urteil des Landesarbeitsgerichtes. Der Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Jörg Antoine, setzt darauf, "dass die Entscheidung Berlin hilft, sich zu mehr religiöser Toleranz durchzuringen". Grund- und Freiheitsrechte verlangten vom Staat um der Freiheit willen Differenzierungen, sagte Antoine dem epd.  Der Generalvikar des Erzbischöflichen Ordinariates Berlin, Pater Manfred Kollig, erklärte: "Für uns ist das Urteil ein gutes Zeichen, dass staatliche Neutralität und persönliche Überzeugung sich nicht ausschließen."

Auch der Berliner Staatsrechtler Christian Pestalozza sprach sich für eine Reform des Berliner Neutralitätsgesetzes aus. Nötig sei eine Novellierung, die wenigstens die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes berücksichtigt, sagte Pestalozza dem epd. Wenn Berlin das Neutralitätsgebot des Staates anders regeln wolle als vom Bundesverfassungsgericht vorgegeben, laufe es Gefahr, "das bei nächster Gelegenheit das Gesetz aufgehoben wird". Zudem plädierte er dafür, im Schulbereich auf ein Verbot religiöser Symbole künftig ganz zu verzichten.


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