16.07.2014
epd-Gespräch: Lukas Philippi
16. Juli 2014. Berlin (epd). Die Kuratorin des geplanten Körperwelten-Museum in Berlin, Angelina Whalley, hat ihre Pläne zur Ausstellung von präparierten Leichen und Körperteilen verteidigt. Es handele sich keineswegs um eine "marktschreierische Veranstaltung, wo man sich einen billigen Kick holt", sagte Whalley dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin.
Den etwa von Kirchen aufgebrachten Vorwurf des würdelosen Umgangs mit Toten wies die Medizinerin und Ehefrau des Plastinators Gunther von Hagens zurück. Die Toten, die in den bisherigen Ausstellungen zu sehen sind, seien zu Lebzeiten aufgeklärt worden und hätten dies als letzten Willen verfügt. Die Allermeisten hätten sich nach einem Besuch einer der temporären Körperwelten-Ausstellungen motiviert gefühlt, Körperspender zu werden. "Es gehört zu unserem Kulturkreis, den letzten Willen eines Verstorbenen zu respektieren und zu würdigen", sagte Whalley.
Seit bald 20 Jahren zeigt der Heidelberger Plastinator Gunter von Hagens in seinen temporären "Körperwelten"-Ausstellungen nach einer speziellen Methode konservierte Leichen und einzelne Körperteile. In Berlin gastierte die Ausstellung bereits dreimal - 2001, 2009 und zuletzt 2011. Auf Kritik stoßen vor allem seine arrangierten Ganzkörper-Plastinate, etwa als Kartenspieler, eine Reiterstatue oder ein kopulierendes Paar. Im Herbst soll nach Plänen Whalleys das Körperwelten-Museum unter dem Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz öffnen.
Whalley betonte, ein Leichnam habe zweifelsohne einen Achtungsanspruch. "Ob etwas geachtet wird, entscheidet dann aber auch der Betrachter. Es ist also davon abhängig, wie der Besucher in der Ausstellung reagiert."
Zu der noch ausstehenden Genehmigung für das Körperwelten-Museums durch das Gesundheitsamt des Berliner Bezirks Mitte sagte Whalley, sie sei überrascht gewesen, zu hören, dass das Berliner Bestattungsgesetz für ihr Vorhaben greife. Bei den drei bisher in Berlin gezeigten Ausstellungen hätte das Bestattungsgesetz keine Rolle gespielt, eine entsprechende Genehmigung sei auch nicht nötig gewesen. "Alle Gerichte haben bestätigt, dass die Ausstellung wissenschaftlichen Charakter hat und wir uns selbstverständlich damit auch auf die Wissenschaftsfreiheit beziehen können." Deshalb gehe sie davon aus, "dass wir vom Gesundheitsamt auch eine Ausnahmegenehmigung bekommen werden".
Die Körperwelten-Kuratorin betonte, "man kann zu der Ausstellung stehen wie man will". Man müsse sie "nicht notwendigerweise gut, toll oder richtig finden". "Aber es ist noch einmal eine andere Dimension, so eine Ausstellung verbieten zu wollen. Es gibt nicht im Ansatz eine Berechtigung dafür", sagte Whalley.
Die Ausstellung sei bereits in vielen namhaften Museen weltweit gezeigt worden. "Sie ist gerade wegen ihres großen aufklärerischen Lehrwertes dort eingeladen gewesen. Und das jetzt sich eine Berliner Behörde dazu aufschwingt und das plötzlich verbieten will, geht nicht in meinen Kopf", sagte Whalley.
Die 54-Jährige schloss aus, dass in Ausstellungen gezeigte Leichen und Körperteile aus chinesischen Straflagern stammen. "Das ist völlig absurd." Dabei verwies sie darauf, dass ihr Mann Gunther von Hagens zur Zeit des Prager Frühlings wegen versuchter Republikflucht zwei Jahre als politischer Gefangener in einem DDR-Gefängnis gesessen habe. "Er weiß, wie das ist, in einem Unrechtsstaat für seine Überzeugung zwangsinhaftiert zu sein und gedemütigt zu werden." Deshalb sei die Verwendung von Leichen aus Straflagern "ein No Go", sagte Whalley.