Migrationsexperte Thomä: EU-Flüchtlingspolitik ist skandalös

01.12.2014

Europa lädt schwere Schuld auf sich

epd-Gespräch: Yvonne Jennerjahn

 

Berlin (epd). Der bundesweit dienstälteste kirchliche Migrationsbeauftragte Hanns Thomä hat die EU-Flüchtlingspolitik scharf kritisiert. Der Umgang mit Flüchtlingen an den Grenzen Europas sei skandalös, sagte Thomä dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dass dort Zehntausende Menschen ums Leben kommen, weil die Staaten nicht bereit seien, einen gefahrlosen Zugang zu ermöglichen, sei "eine schwere Schuld, die Europa auf sich geladen hat". Im besseren Fall handele es sich dabei um unterlassene Hilfeleistung, im schlechteren um ein "Kalkulieren mit dem Tod von Menschen, um andere abzuschrecken".

 

Auch die demokratiegefährdenden Folgen dieser Politik würden ausgeblendet, kritisierte Thomä. Der Menschenschmuggel sei inzwischen ein größeres Geschäft als der Drogenhandel. Die riesigen Gewinne daraus würden von der Mafia für andere kriminelle Geschäfte und zur Etablierung mafiöser Strukturen in Europa eingesetzt. "Diese Gefahren werden überhaupt nicht ernstgenommen", kritisierte der Migrationsexperte. Es sei im Interesse aller, Flüchtlingen einen legalen Zugang zu Europa zu ermöglichen und die kriminellen Geschäfte der Menschenschmuggler auszutrocknen.

 

Der 63-jährige Theologe und Soziologe trat 1984 in West-Berlin sein Amt als erster hauptamtlicher Ausländerbeauftragter einer evangelischen Landeskirche in Deutschland an. Am Dienstag wird der Migrationsbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz nach 31 Jahren im Amt in den Ruhestand verabschiedet.

 

Die kirchliche Flüchtlingspolitik hat nach Einschätzung von Thomä zugleich viele Erfolge für Menschen in Not erzielt. Von herausragender Bedeutung sei dabei das Kirchenasyl, das seit dem ersten Fall in West-Berlin 1983 allein im Bereich der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz weit über 1.000 Menschen Hilfe gebracht habe, sagte Thomä: "Sehr viele Menschen würden heute nicht mehr leben, wenn es das Kirchenasyl nicht geben würde."

 

"Es gab während meiner gesamten Amtszeit nicht einen Tag, an dem es kein Kirchenasyl gegeben hat", sagte Thomä. Dadurch sei nicht nur den Betroffenen, sondern auch vielen anderen Menschen mit darauf aufbauenden Härtefallregelungen oder Abschiebestopps für größere Flüchtlingsgruppen Hilfe zuteilgeworden. Grundlage dafür seien auch die Detailinformationen über Flüchtlingsschicksale gewesen, die in den Kirchenasylen gesammelt wurden.

 

Weitere Erfolge kirchlicher Flüchtlingspolitik seien auch die Verfassungsbeschwerden gegen die Verweigerung politischen Asyls für Bürgerkriegsflüchtlinge, gegen Einschränkungen für den Familiennachzug von Migranten und gegen das Asylbewerberleistungsgesetz, in denen das Bundesverfassungsgericht zuletzt 2012 die Argumentation der Kirchen bestätigt habe, sagte Thomä.

 

In Deutschland müssten alle Flüchtlinge wie normale Menschen behandelt und ihr hohes Potenzial für eigenes Engagement und Integration in die Gesellschaft genutzt werden, betonte Thomä. So sollten Flüchtlingen früh Praktika in ihren Berufen und ehrenamtliche Arbeit beispielsweise als Lehrer für Flüchtlingskinder aus ihrer Heimat angeboten werden, damit sie ihre Fähigkeiten weiter schulen können. Es müssten mehr Möglichkeiten geschaffen werden, damit Flüchtlinge ihre eigenen Kräfte und Kompetenzen nutzen können.

 

 

 

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