Prozess gegen deutschen Menschenrechtler in der Türkei begonnen

Athen/Istanbul (epd). Der Prozess gegen den deutschen Menschenrechtler Peter Steudtner hat am Mittwoch in Istanbul begonnen. Zur ersten Anhörung im Verfahren gegen ihn und zehn weitere Angeklagte waren Menschenrechtsgruppen und internationale Politiker angereist. Steudtner und andere Aktivisten waren im Juli nach einer Razzia auf einer der Prinzeninseln bei Istanbul festgenommen worden. Die türkische Justiz wirft ihnen unter anderem die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. Dafür drohen ihnen bis zu 15 Jahre Haft.

Zu den Angeklagten gehören auch der Vorstandssprecher der türkischen Sektion von Amnesty International, Taner Kilic, und die Amnesty-Direktorin Idil Eser. Die Menschenrechtsorganisation kritisierte die Vorwürfe in den Anklageschriften als "falsch und diffamierend". Eine Fortbildung für Menschenrechtler sei in ein konspiratives Geheimtreffen umgedeutet worden, heißt es in einer Erklärung.

Steudtner und andere Angeklagten werden beschuldigt, "soziales Chaos" wie zu Zeiten der Proteste um den Gezi-Park in Istanbul 2013 anstiften zu wollen. Dafür stünden sie im Kontakt zu Terrororganisationen wie der islamistischen Gülen-Bewegung, der kurdischen Arbeiterpartei PKK und der kommunistischen DHKP/C, so die Vorwürfe.

Die Anklage gegen Steudtner, Experte für gewaltfreie digitale Strategien, stützt sich auf zum Teil anonyme Zeugenaussagen. Er habe ein Training zu Messenger-Diensten wie WhatsApp, Signal und Wire gegeben, heißt es. Dabei sei auch über die App ByLock gesprochen worden, von der die türkische Regierung behauptet, sie werde von der Gülen-Bewegung für geheime Absprachen verwendet. Seit dem Putschversuch im Juli 2016 geht die türkische Regierung mit massiven Repressionen gegen Kritiker vor.