23.02.2022
Berlin (epd). Die Vorsitzende der Berliner Tafel, Sabine Werth, sieht die Straßenblockaden der Initiative „Letzte Generation“ skeptisch, unterstützt aber deren Forderung nach einem Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung. „Wir sind ständig damit beschäftigt, darauf hinzuweisen, was für eine katastrophale Situation der Lebensmittelverschwendung wir hier um uns herum haben“, sagte Werth im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Jedoch sei bislang noch kein Mittel gefunden worden, das „wirklich zu was geführt hat“. Radikale Maßnahmen, wie sie die Initiative „Letzte Generation“ in den vergangenen Wochen ergriffen habe, seien zwar bedenklich, „aber auf der anderen Seite: Wenn es wirklich hilft, dann soll mir auch dieser Weg recht sein“, sagte die Tafel-Chefin.
Unter dem Slogan „Essen retten - Leben retten“ blockieren die Klimaaktivistinnen und -aktivisten seit Wochen in Berlin und anderen Städten immer wieder Autobahnen und Hauptverkehrsadern. Der Initiative zufolge sei das von ihnen geforderte „Essen-Retten-Gesetz“ ein weiterer Schritt hin zur notwendigen Reduzierung von CO2-Emissionen in der Landwirtschaft.
Dass Unbeteiligte durch die Aktionen der Initiative blockiert werden, „geht natürlich gar nicht“, kritisierte Werth. Über eine bessere Form des Protests habe sie in den vergangenen Wochen nachgedacht, jedoch sei ihr keine alternative Maßnahme eingefallen, die wirklich wirkungsvoll sei. „Die Tatsache, dass jetzt wirklich Gespräche zumindest mal angekündigt sind von Seiten Özdemirs, scheint mir so, als würde nur die Radikalität zu etwas Sinnvollem führen“, sagte Werth.
Die Verschwendung von Lebensmitteln in Deutschland sei „enorm groß“, erklärte Werth weiter. Dass mehr als 50 Prozent der Lebensmittel in Privathaushalten weggeschmissen würden, liege an fehlendem Wissen zum Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD). Informationen dazu müssten breiter gestreut und bereits im Kindergarten vermittelt werden: „Die Kinder können die Eltern am besten beeinflussen, dass klar ist, dass nicht jedes Produkt weggeworfen werden muss.“ Zudem müsse die Politik Firmen dazu zwingen, Lebensmittel an caritative Vereine oder Organisationen abzugeben.
Mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) sei „der richtige Mensch“ an politischer Stelle, so die Einschätzung der Tafel-Chefin. „Ich hoffe einfach, dass da endlich mal was passiert und nicht permanent die Interessen der Produzierenden im Vordergrund stehen“, sagte sie.
epd-Gespräch: Inga Jahn