06.07.2015
Interview zum ev. Kirchentag in Cottbus mit Bischof Markus Dröge
6. Juli 2015 Berlin (epd). Die Zukunft der Braunkohle und der Strukturwandel in der Lausitz stehen im Mittelpunkt eines regionalen evangelischen Kirchentages am Samstag in Cottbus. Dazu werden mehr als 1.500 Teilnehmer zu rund 50 Veranstaltungen erwartet. Über das Anliegen und Inhalte des Kirchentages sprach der Evangelische Pressedienst (epd) mit dem Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge.
epd: In der Debatte über die Zukunft der Braunkohle in der Lausitz hat die Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz vor sechs Jahren den "Einstieg in den Ausstieg" aus der Braunkohleverstromung gefordert. Seitdem ist dies die offizielle Linie der Landeskirche. Welche Schritte favorisieren Sie, um den Kohle-Ausstieg Realität werden zu lassen?
Markus Dröge: Ob die Fortschritte durch eine Klimaabgabe oder ein anderes Mittel erfolgt, das ist eine Entscheidung der Politik. Die Landeskirche begrüßt die Weiterentwicklung der Energiestrategie des Landes Brandenburg. Sie erwartet, dass die Schwerpunkte immer weiter zu den erneuerbaren Energien verlagert werden.
epd: Befürworten Sie in der aktuellen Debatte über die Zukunft der Kohle ein Umsiedlungsmoratorium für Orte in der Lausitz?
Dröge: In der jetzigen Situation wäre es einleuchtend, wenn es keine neuen Aufschlüsse und damit auch keine neuen Umsiedlungen mehr gibt. De facto gibt es gerade ein Umsiedlungsmoratorium für den Tagebau Nochten II. Aber wichtig wäre vielmehr, dass die Menschen Planungssicherheit für ihre Zukunft bekommen, sowohl die, die in den Tagebauen und Kraftwerken arbeiten, als auch die, deren Orte von der Abbaggerung bedroht sind.
epd: Die Landeskirche geht aktuell davon aus, dass in Lausitzer Tagebauen noch bis 2040 Kohle gefördert wird. Sollte der Ausstieg nicht schneller erfolgen, um ein sichtbares Zeichen für den Klimaschutz zu setzen?
Dröge: Um des Klimaschutzes willen muss der Ausstieg so früh wie möglich erfolgen. Aber entscheidend für die Menschen in der Lausitz ist es, dass ein neuer Ansatz gewagt wird und dass alle an einen Tisch geholt werden, die schon über viele Jahre Ideen entwickelt haben, wie eine Zukunft ohne Braunkohle in der Lausitz aussehen kann. Es gibt Forschungen an der BTU Cottbus oder in Umweltverbänden. Diese Impulse anzustoßen, dafür stehen wir als Kirche gerne zur Verfügung. Dazu dient auch der Lausitz-Kirchentag.
epd: Immer wieder wird darauf verwiesen, dass ein mit dem Kohleausstieg verbundener Strukturwandel sozial verträglich erfolgen muss. Dennoch kann niemand in die Zukunft sehen, und noch weniger planen - mit welchen Ungewissheiten und Risiken müssen die Menschen in der Lausitz künftig leben?
Dröge: Die Menschen in der Lausitz brauchen Gewissheit, dass dieser Strukturwandel Chefsache der Parteien in Bund und Ländern wird, denn er geht alle an. Entscheidend ist auch, ob Bundes- und Landesregierung ihre Klimaziele ernst nehmen.
epd: Die evangelische Kirche sieht sich bei dem Thema vor allem als Moderator vor Ort: Sind die im Laufe der vergangenen Jahre entstandenen Brüche zwischen Befürwortern und Gegnern eines Kohle-Ausstiegs innerhalb der Gemeinden, Vereine und Familien noch überwindbar oder bleiben Verletzungen?
Dröge: Je schneller es Klarheit gibt über die Zukunft, umso schneller kann auch ein Heilungsprozess einsetzen. Im Moment kreisen die Diskussionen immer um die gleiche Frage, was werden wird. Die Menschen stecken zwischen Hoffen und Bangen fest. Darüber hinaus werben wir als Kirche und viele weitere Akteure in den Vereinen und Gremien in den Orten für gegenseitiges Verständnis, Respekt vor der Meinung des anderen und für ein alltäglich gutes Miteinander.