25.07.2021
Bischof Stäblein bittet im Namen der EKBO und im Rahmen des CSD um Vergebung
Berlin (mit epd). In einem multireligiösen Gottesdienst am Vorabend des CSD hat Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), in der Berliner St. Marien-Kirche bei einem Gottesdienst um Vergebung für die Diskriminierung und Ausgrenzung queerer Menschen in den eigenen Reihen gebeten. Queere Menschen seien jahrzehntelang in der evangelischen Kirche stigmatisiert und ausgeschlossen worden, heißt es am Freitag in Berlin von Bischof Stäblein vorgstellten Erklärung zur "Schuld an queeren Menschen" im Wortlaut als Broschüre.
Dies sei durch eine Theologie befördert worden, „die queeren Menschen eine Gottebendbildlichkeit absprach oder diese in Frage stellte“, heißt es in der Erklärung, die überschrieben ist mit „Bitte um Vergebung“. Dabei sei noch unklar, wie viele Menschen „von diesem kirchlichen Handeln betroffen sind“, sagte Stäblein. Verlesen wurde die Erklärung in einem Gottesdienst am Vorabend des Christopher Street Days in der Berliner Marienkirche.
Dabei ließ sich auch der ehemalige Profi-Fußballer Marcus Urban taufen. Der gebürtige Thüringer spielte in der DDR-Nationalmannschaft und war Profifußballer bei Rot-Weiß Erfurt. Durch die Veröffentlichung seiner Biografie „Versteckspieler“ outete er sich 2008 als homosexuell.
Es sei ein wichtiger Akt, einmal als Kirche sehr deutlich und laut zu sagen, „wir sind hier schuldig geworden, wir sind in die Irre gegangen und wir bitten um Vergebung“, sagte Stäblein. Mit der veränderten Haltung der Kirche gegenüber queeren Menschen sei die wichtige Aufgabe verbunden, laut und deutlich in Deutschland und in anderen Ländern gegen Diskriminierung aufzustehen: „Das ist, glaube ich, die erste Aufgabe die wir haben.“ Unter dem Begriff queere Menschen versteht die EKBO lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Personen.
Laut Erklärung waren queere Menschen in der Landeskirche in der Vergangenheit unter anderem „mit Befragungen konfrontiert“, „erlitten Kündigungen und die Entfernung aus dem Dienst“. Gemeindeglieder, die in gleichgeschlechtlichen Liebesbeziehungen lebten, hätten schmerzlich erfahren müssen, „dass ihnen Respekt und Anerkennung verweigert wurden“. Kirchenleitende Haltungen gegenüber queeren Menschen seien häufig geprägt gewesen von der Forderung nach einem „zölibatären“ Leben, „Enthaltsamkeit“ oder „Schweigegeboten“. „Dies stellte und stellt in ihren Folgen einen massiven Eingriff in das persönliche Leben von Menschen dar, die in den kirchlichen Dienst eintreten wollten oder darin tätig waren“, heißt es in der Erklärung. Bis vor einem Jahrzehnt sei Pfarrpersonen, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften lebten und leben, auch das gemeinsame Wohnen im Pfarrhaus untersagt worden.
Zugleich wird in der Erklärung „mit tiefem Respekt“ anerkannt, „welches Durchhaltevermögen dazu gehörte, als geoutete Pfarrperson in dieser Kirche zu arbeiten, nicht selten dazu gedrängt, gegenüber kirchenleitenden Personen sich wiederholt zu ihrer Lebensweise zu erklären“. Die „Bitte um Vergebung“ sei ein weiterer Schritt in dem Prozess, „dass sich die Haltung der Menschen in dieser Kirche geändert hat und weiter ändert“, betonte Stäblein.
Bereits 2020 hatte die EKBO den 1943 wegen seiner Homosexualität von der Landeskirche entlassenen Berliner Pfarrer Friedrich Klein rehabilitiert.
Rund 35.000 Menschen sind am Samstag für die Rechte sexueller Minderheiten in Berlin auf die Straße gegangen. Die sogenannte Pride-Demonstration zum 43. Christopher Street Day stand unter der Überschrift „Save our community - save your pride“. Zu den 32 im Vorfeld formulierten Forderungen zählten der Abbau von Diskriminierung im Arbeitsleben, eine konsequentere Verfolgung von Straftaten gegen queere Menschen und die Berücksichtigung anderer Lebensweisen in Lehrmaterialien. Die Veranstalter hatten rund 20.000 Teilnehmern angemeldet.
Vor der Pride-Demonstration war im Tiergarten am dortigen Denkmal der in der NS-Zeit verfolgten und ermordeten Homosexuellen gedacht worden. Deren Schicksal sei viel zu lange totgeschwiegen worden, schrieb Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke), der später den CSD offiziell eröffnete, im Kurznachrichtendienst Twitter und appellierte: „Kein Vergessen!“