06.03.2023
Der neue Pfarrer des Potsdamer Garnisonkirchturms will Versöhnungsarbeit leisten. Das ist angesichts des Streits um Pläne für das Areal des ehemaligen Kirchenschiffs nötig. Der zuständige Bischof betont, ein Friedenszentrum sei nötiger denn je.
Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, hat die Bedeutung des Garnisonkirchturms für die Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte betont. Dort müsse sich der „friedlosen, mörderischen, schuldbeladenen“ Vergangenheit gestellt werden, die mit dieser Kirche verbunden war, sagte er am Samstagabend in Potsdam. Bei der Amtseinführung des neuen Pfarrers am Garnisonkirchturm, Jan Kingreen, betonte Stäblein, heute sei das in dem Turm geplante Friedenszentrum nötiger denn je.
In dem Zentrum könne diskutiert, gestritten, miteinander gebetet und Gott angerufen werden, so der Bischof. Er äußerte sich irritiert über Versuche, „das alles möglichst miss zu deuten und mit unversöhnlicher Streitlust gleichsam auszuschalten“. In der Auseinandersetzung um die Zukunft des Orts sei Zuhören und Zurücknehmen erforderlich. Stäblein äußerte die Hoffnung, dass dort „geschichtsbewusst für Brüche und Schrecken Friedensethik“ entwickelt werde.
Mit Blick auf das vor wenigen Tagen zerstörte 19 Meter hohe Großporträt einer ukrainischen Frau mit Kind am Rohbau des Potsdamer Garnisonkirchturms sagte Stäblein, Vandalismus und Gewalt dürften nicht das letzte Wort haben. Das Banner würde repariert und wieder aufgehängt: „Auch davon kündet jede Kirche: Gottes Frieden wird am Ende sein.“
Der evangelische Theologe Kingreen wurde bei dem Gottesdienst in der Potsdamer Nikolaikirche in sein Amt als Pfarrer am neuen Potsdamer Garnisonkirchturm eingeführt. Kingreen war zuvor Geschäftsführer des Berliner Doms. Er übernahm die Stelle als Pfarrer am Garnisonkirchtum am 1. März. Der promovierte Theologe erhielt zusätzlich einen Auftrag in der evangelischen Berufsschularbeit des Berliner Hauses Kreisau.
Der historische Turm als Teil der Garnisonkirche zählt laut Kingreen zu den Gebäuden in Deutschland, die sich eindrücklich in die Erinnerungskultur eingeprägt haben. Dort möchte der Pfarrer einen Ort des Friedens etablieren, an dem kritisch Geschichte erinnert und Gegenwart reflektiert werden.
Die Potsdamer Garnisonkirche wurde im 18. Jahrhundert errichtet. Im April 1945 brannte sie bei einem Luftangriff aus, die Ruine wurde 1968 abgerissen, der Turm gesprengt. Der seit 2017 laufende Wiederaufbau ist unter anderem wegen der Geschichte der preußischen Militärkirche in der NS-Zeit umstritten. Kritik kommt auch von Anhängern eines kompletten Wiederaufbaus nach historischem Vorbild. Sie fürchten unter anderem, dass auf eine Wiedererrichtung des Kirchenschiffs dauerhaft verzichtet werden könnte. Die evangelische Kirche will den neuen Turm für Friedens- und Versöhnungsarbeit nutzen.
(epd)