16.08.2020
Die vorwiegend aus Kirchenmitteln finanzierte "Sea-Watch 4" startet zu erster Rettungsmission
Das Seenotrettungsschiff "Sea-Watch 4" ist zu seinem ersten Einsatz im Mittelmeer aufgebrochen. Das überwiegend aus kirchlichen Mitteln finanzierte Schiff habe am Samstag den spanischen Hafen von Burriana verlassen und sei auf dem Weg in die Such- und Rettungszone vor Libyen, teilte Sea-Watch mit. Es sei derzeit das einzige Rettungsschiff im Mittelmeer. Ursprünglich sollte die "Sea-Watch 4" im April auslaufen. Der Start verzögerte sich jedoch wegen der Corona-Pandemie.
Er sei dankbar, dass das Schiff endlich ausgelaufen sei, sagte der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, ZDFheute. "Es sterben täglich Menschen im Mittelmeer, und kein Rettungsschiff ist da, das sie rettet." Es sei skandalös, dass die EU seit Jahren zuschaue, wie an den Grenzen Europas Menschen ertrinken, sagte der Theologe, der das Projekt Kirchenschiff in der EKD vorangetrieben hat.
Auch der Bischof der EKBO, Christian Stäblein, begrüßte die erste Rettungsmission der "Sea-Watch4": "Wir dürfen niemanden ertrinken lassen." Er hoffe, dass möglichst Viele gerettet würden. "Das Schiff wird nicht die Lösung aller politischen Fragen sein", betonte Stäblein. Es sei konkrete Hilfe und das Zeichen dafür, dass politische Lösungen benötigt werden: "Die Situation, dass Menschen ertrinken, ist nicht hinnehmbar", so Stäblein.
Hier können Sie die Videobotschaft des Bischofs anschauen
Das ehemalige Forschungsschiff wurde vom Bündnis "United4Rescue" finanziert, das von der EKD initiiert wurde. An dem Projekt beteiligt sich neben Sea-Watch auch "Ärzte ohne Grenzen". Seit mehr als sechs Wochen seien keine zivilen Rettungskräfte mehr vor der libyschen Küste im Einsatz, erklärte Michael Schwickart von "United4Rescue". Fast alle Schiffe würden von den italienischen Behörden wegen angeblicher Sicherheitsmängel festgehalten oder mit nicht erfüllbaren Auflagen am Einsatz gehindert. Die Aufklärungsflugzeuge von Sea-Watch hätten allein in den vergangenen sechs Wochen mehr als 1.500 Personen in Seenot dokumentiert. Viele von ihnen seien nach Libyen zurückgebracht worden.
Die Idee eines kirchlichen Seenotrettungsschiffs im Mittelmeer geht auf den evangelischen Kirchentag in Dortmund 2019 zurück. Im Januar ersteigerte das Bündnis das Schiff für 1,3 Millionen Euro, darunter 1,1 Millionen Euro Spendengelder. Dem Bündnis gehören mittlerweile mehr als 550 Organisationen und Unternehmen an. Im Februar wurde die "Sea-Watch 4" getauft und an die Seenotrettungsorganisation Sea-Watch übergeben.
Natürlich habe es Kritik an dem Projekt gegeben, sagte Bedford-Strohm. "Die sich mit Hass in den sozialen Netzwerken sehr laut, sehr strategisch äußern, kannten wir schon seit geraumer Zeit." Gleichzeitig habe es eine riesige Bewegung von Menschen gegeben, die sagten, sie seien noch nie so stolz auf die Kirche gewesen.
Die italienischen und maltesischen Behörden behindern die private Seenotrettung seit Monaten. Sie fordern eine bessere Verteilung der Geflüchteten innerhalb Europas. Besatzungen erhalten teils über Wochen keine Erlaubnis zur Anlandung in einem Hafen, Schiffe werden festgesetzt, Crew-Mitglieder juristisch belangt.
(epd)