03.01.2021
Für den Januar 2021 wurde eine Kirche im Landkreis Ostprignitz-Ruppin ausgewählt
Den Ortsnamen Tornow gibt es allein im heutigen Bundesland Brandenburg etwa zehnmal. Unser Tornow liegt wenige Kilometer östlich von Kyritz im Landkreis Ostprignitz-Ruppin und ist seit den 90er Jahren in das Städtchen Wusterhausen eingemeindet. Lediglich etwa 60 Einwohner leben in dem 1285 erstmals urkundlich erwähnten Ort an der Dosse.
Die inmitten des ursprünglich von Peter Joseph Lenné angelegten Gutsparks gelegene Kirche entstand an der Stelle zweier Vorgängerbauten in den Jahren 1827/28 im Stil der italienischen Neugotik. Der kleine verputzte Backsteinbau wirkt auf den ersten Blick eher unscheinbar, lediglich der von turmartigen Eckpfeilern gerahmte Westgiebel ist als Schaufassade gestaltet. Der ursprüngliche, mit Maßwerk geschmückte, hölzerne Dachreiter musste 1965 abgetragen werden, nachdem beim Läuten im Rahmen einer Trauerfeier die Glocke abstürzte und schwere Schäden verursachte. Seitdem hängt die Glocke in einem Gestell vor der Kirche, wo auch vier klassizistische Grabdenkmäler der Patronatsfamilie von Brunn zu finden sind.
Der von reich geschnitzten Akanthuswangen flankierte Kanzelaltar stammt aus dem Jahr 1796. An den Brüstungsfeldern des Kanzelkorbes finden sich gemalte Darstellungen Christi, der Evangelisten und des Abendmahls; die Kanzeltür zeigt Moses mit den Gesetzestafeln. Eine barocke Kanzeluhr ermahnte einst den Pfarrer, seine Predigt nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Vor dem Altar sind auf Säulenstümpfen drei gotische Kapitelle zu bewundern, deren Herkunft ungeklärt ist; ein weiteres findet sich am Portal der Kirche.
Seit etlichen Jahren gab es in Tornow Bestrebungen, den alten Dachreiter wieder aufzubauen und der Glocke einen würdigen Platz zurückzugeben. Seit 2012 lag dafür sogar eine Baugenehmigung vor, die allerdings zeitlich befristet war. Schwierigkeiten bereitete jedoch eine juristische Besonderheit: Der ursprünglich zum Gut gehörende Sakralbau wurde im Zuge der Bodenreform gleich mit enteignet und befindet sich nun im Besitz der Stadt Wusterhausen, während die Kirchengemeinde lediglich ein durch einen Pachtvertrag vereinbartes Nutzungsrecht wahrnimmt. Die Frage nach der Bauherrenschaft ist ja gleichzeitig die Frage danach, wer den notwendigen finanziellen Eigenanteil aufzubringen hat.
Nachdem nun die Kirchengemeinde tief in die Tasche gegriffen, die Stadt Wusterhausen sich beteiligt und auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz Hilfe zugesagt hatte, konnte nun Anfang 2020 wenigstens mit der Sanierung des maroden Kirchendaches begonnen werden. Dazu kam ein erheblicher Anteil von Spenden aus dem Dorf. Kurz nach Beginn der Arbeiten gab es jedoch erst einmal eine Pause. Zum Schrecken aller wurde festgestellt, dass die Schäden weit größer als ursprünglich gedacht waren, was eine Kostensteigerung um fast 17.000 Euro zur Folge hatte. Zudem verhängte die Untere Denkmalschutzbehörde erst einmal einen Baustopp. Beide Hindernisse konnten inzwischen beseitigt werden. Die Denkmalpflege gab grünes Licht, um auch die zusätzlich anfallenden Reparaturarbeiten ausführen zu dürfen. Ortsansässige Firmen und Spender aus der Gemeinde sorgten für die fehlenden Mittel. Der Förderkreis Alte Kirchen sagte kurzfristig einen Betrag von 4.000 Euro aus den Erträgen seiner Stiftung Brandenburgische Dorfkirchen zu.
Die Kirchengemeinde kann nun darauf hoffen, die Tornower Kirche im kommenden Jahr wieder gottesdienstlich und nach den durch die Coronapandemie bedingten Einschränkungen auch wieder für touristische und kulturelle Zwecke nutzen zu können. Und vielleicht erhält das Kirchlein ja doch irgendwann auch seinen historischen Dachreiter zurück.
Weitere Informationen:
Pfarrer Daniel Feldmann; Johann-Sebastian-Bachstraße 51; 16866 Kyritz; Tel.: 033971-56707; d.feldmann