28.08.2014
Oberbürgermeister Jakobs will Auflösung der Stiftung beantragen
28. August 2014. Potsdam (epd). Die neue Christen-Initiative gegen den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche stößt bei den Unterstützern des Projekts auf großen Widerspruch. Die Unterschriftenaktion "erstaunt und verletzt gleichermaßen", erklärte das Bündnis Potsdamer Mitte am Donnerstag. Die Garnisonkirchenstiftung kritisierte, die Initiative habe sich öffentlich positioniert, ohne vorher ein direktes Gesprächsangebot aufzunehmen. Dies sei "kein guter Stil, denn es gibt nichts Besseres als direkte Gespräche".
Die Initiative "Christen brauchen keine Garnisonkirche" hatte am Mittwoch einen Aufruf veröffentlicht, der von mehr als 70 Pfarrern und anderen Kirchenmitgliedern aus dem gesamten Bundesgebiet unterzeichnet ist. Erstunterzeichner sind unter anderem die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), der frühere Mönch Fulbert Steffensky, die Politikwissenschaftler Hajo Funke und Wolf-Dieter Narr sowie Brandenburgs frühere Ausländerbeauftrage Almuth Berger. Am Wochenende soll auch eine Internetseite freigeschaltet werden, auf der sich weitere Unterstützer eintragen können.
Eine Bürgerbewegung, die sich als Motto "Schwerter zu Pflugscharen" auf die Fahnen geschrieben habe, sollte "auch in der Lage sein, heutigen Christen und Bürgern zuzubilligen, dass sie aus einer Garnisonkirche eine Versöhnungskirche" schaffen könnten, erklärte das Bündnis Potsdamer Mitte. Auch das Bündnis wolle keine Militärkirche. Eine Verklärung der deutschen Geschichte finde an dem Ort nicht statt, erklärte die Garnisonkirchenstiftung: "Schuld und Versagen werden konkret und öffentlich benannt."
Die Auseinandersetzung um das Wiederaufbauprojekt mache deutlich, dass ein "Diskurs in Gesellschaft und Kirche zur Aufarbeitung der Vergangenheit, der preußischen, der nationalsozialistischen bis hin zu den Ereignissen der Nachwendezeit" nötig sei, betonte die Stiftung. Erforderlich seien auch Gespräche zwischen Befürwortern und Gegnern der Garnisonkirche.
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kündigte einen Antrag zur Auflösung der kirchlichen Baustiftung an. Er werde den Antrag bei der nächsten Sitzung des Kuratoriums der Stiftung stellen, obwohl er selbst das Bauvorhaben befürworte, sagte Jakobs am Mittwochabend im Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung. Das Kuratorium tagt am 15. September. Das Stadtparlament hatte Jakobs mit der Übernahme eines Bürgerbegehrens gegen die Garnisonkirche im Juli aufgefordert, alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Auflösung der Stiftung zu nutzen.
Die Bürgerinitiative "Potsdam ohne Garnisonkirche" kritisierte das Vorgehen von Jakobs. Wenn der Oberbürgermeister den Beschluss der Stadtverordneten und das Bürgerbegehren ernst nehme, müsse er sich weit intensiver für die Auflösung der Stiftung einsetzen, sagte Sprecher Simon Wohlfahrt.
Die Bürgerinitiative überreichte Jakobs auch eine Maßnahmenliste zum Einsatz für die Auflösung der Stiftung. Darin heißt es unter anderem, Jakobs müsse sich bemühen, das Stiftungskuratorium und auch die bundesweite Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) von der Auflösung der Stiftung zu überzeugen. Die Gespräche, die der Oberbürgermeister mit jedem Kuratoriumsmitglied führen müsse, um die Auflösung der Stiftung herbeizuführen, müssten zudem "in Form eines Wortprotokolls der Öffentlichkeit transparent gemacht werden".