Gedanken von jungen Frauen aus der EKBO zum Frauentag

06.03.2023

Was bedeutet der Frauentag für dich?

Am 8. März 2023 wird der internationale Frauentag begangen. Unsere Kollegin Manuela Schneider hat drei junge Frauen aus der EKBO gefragt, was der Frauentag für sie bedeutet.

Vikarin Anna Franziska Pich aus der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Berlin-Hohenschönhausen, Theologiestudentin Maria Jahr, die als studentische Mitarbeiterin beim Infotelefon der EKBO arbeitet und Pfarrerin Josephine Furian, die als Pfarrerin für Migration und Integration im Sprengel Görlitz arbeitet.

 

Anna-Franziska Pich, Vikarin in der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Berlin-Hohenschönhausen:
„Am 8. März 2010 habe ich meinen Führerschein gemacht. Um Erlaubnis bitten musste ich dafür niemanden. Das war nicht immer so, meine Oma musste noch meinen Opa fragen. Er hatte „ja“ gesagt. Für meine Oma war das, wie für andere Frauen auch, ein Stück Freiheit. Selbst zu fahren und selbst entscheiden zu können, wohin es geht. Das Steuer selbst in der Hand zu haben, unabhängig sein - gleichberechtigt sein. In Deutschland ist Gleichberechtigung zwar im Grundgesetz verankert, doch die unverblümte Realität ist: Sexismus, Femizide, Gender Pay-Gap und Rollenzuschreibungen gehören auch heute zur Lebensrealität von Frauen! Da helfen auch keine Blumen und Loblieder auf die Frau, sondern ausschließlich der unermüdliche Einsatz für die Gleichberechtigung aller Geschlechter.

Das gilt auch für Kirche. Wenngleich in Kirche leitende Stellen noch immer hauptsächlich mit männlichen Personen besetzt sind und Menschen in den Gottesdienst kommen und den "Herrn Pfarrer" erwarten, erlebt das Pfarramt in der Evangelischen Kirche einen Wandel: In meinem Vikariatskurs sind von 21 Vikar*innen 15 Frauen in der Ausbildung. Die Zukunft der Kirche ist weiblich! Nicht nur aufgrund der Grammatik, sondern vor allem qualitativ und quantitativ. Ich sehe darin eine Chance, Kirche und ihre hierarchischen und patriarchalischen Strukturen aufzubrechen; Kirche zu sein mit Gefühl und Leidenschaft. Kirche zu sein, die den Menschen dient und sich radikal für die Liebe Gottes auf Erden einsetzt, die allen Menschen gilt und keine Unterschiede im Verhältnis der Geschlechter zueinander macht. Dafür setze ich mich ein. Und zwar jeden Tag!“

 

Maria Jahr, Theologiestudentin und Mitarbeiterin beim Infotelefon der EKBO:
„Für mich hat der Frauentag zwei wichtige Aspekte.

Er ist einerseits eine Gelegenheit der Anerkennung von Frauen* als unglaublich gut geschaffen in all ihren Facetten. Ich spüre Dankbarkeit für die Frauen* in meinem Leben, für den Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung, für Vorreiter:innen und Vorbilder und für den Fortschritt, den andere erkämpften.

Er ist andererseits eine Erinnerung, wofür noch immer gekämpft werden muss: Für die Stärkung der Frauen*rechte weltweit, für das Ende von Diskriminierung und für Gleichberechtigung in der Lebensgestaltung, für gleiche Bezahlung, für Selbstbestimmung über den eigenen Körper und für Schutz vor (sexualisierter) Gewalt, für Bildung, für das Aufbrechen von Vorurteilen... Die Liste ist lang.

Ich mag es, dass dieses Jahr der Feiertag auf einen Mittwoch fällt. Diese Unterbrechung des Alltags bietet hoffentlich vielen - Männern wie Frauen* -  die Möglichkeit, zumindest kurz innezuhalten und dem nachzuspüren, was es zu feiern gilt und wofür es sich zu kämpfen lohnt.“

 

Josephine Furian, Pfarrerin  für Migration und Integration im Sprengel Görlitz:
„Ich freue mich auf den feministischen Streiktag und spüre die Ewige da befreiend an meiner und unserer Seite. Das einzige reproduktive Organ, das Gott biblisch zugesprochen wird, ist der Uterus: „Aus wessen Schoß ist das Eis hervorgegangen und der Reif des Himmels-wer hat ihn geboren?“ (Hiob 38,29). Im Alten Testament gibt es 1426 Namen. 111 davon sind Frauennamen. Daher würdige ich die Frauenfiguren besonders in den Bibelarbeiten in der Erstaufnahme für Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt.

Als Seelsorgerin erlebe und höre ich dort ganz unterschiedliche Erfahrungen, die geflüchtete Frauen und Queers mit sexistischer und patriarchaler Gewalt machen. Je abgeschotteter die Grenzen werden, desto mehr Gefahren müssen sie in Kauf nehmen. Die oft mehrjährige Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften ohne Privatsphäre, die prekären Aufenthalts- und Arbeitsverhältnisse treffen sie härter. Weil sie nicht nur rassistisch, sondern auch sexistisch diskriminiert werden.

Als weiße Staatsbürgerin mache ich andere Erfahrungen. Aber die Unterschiedlichkeit muss uns nicht trennen. Unsere gemeinsame Befreiungsarbeit von sexistischer Gewalt ist so vielfältig wie wir – und damit ist sie verbunden mit der Arbeit gegen andere Unterdrückungsverhältnisse. „Ich bin nicht frei, solange eine einzige Frau unfrei ist, auch wenn sie ganz andere Fesseln trägt als ich.“ Diese Einsicht von Audre Lorde begleitet mich.“

 

 

 

 

 

 

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