05.10.2020
Kirchencafé mal anders: Mit einer Kaffee-Ape, einer mobilen Bar auf drei Rädern, machen sich Michaela Fröhling und ihr Team auf den Weg, Menschen in ihrem Alltag zu begegnen. Die Pfarrerin und theologische Referentin für den Missionarischen Dienst der EKBO im Berliner Missionswerk erläutert das Projekt „Kirche Piazza“
Dieser Artikel ist in der Wochenzeitung "die kirche" erschienen
Interview: Friederike Höhn, Redakteurin bei "die kirche"
Friederike Höhn: Welche Idee steckt hinter „Kirche Piazza“?
Michaela Fröhling: Jeden Tag fahre ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln und steige oft am Alexanderplatz um. Dort erlebe ich häufig Anhänger der „Zeugen Jehovas“ mit ihren Heftchen. Uns als evangelische Kirche treffe ich an einem solchen Ort bislang nicht. Anstatt mich zu ärgern, habe ich mir Gedanken gemacht, wie wir den Menschen dort begegnen können, wo sie unterwegs sind: Leute auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit, Reisende, Einkaufende, Menschen einfach da oder unterwegs. Der eigentliche Grundgedanke war ein Stand, daraus wuchs die Idee von der umgebauten Gastro-Ape: in Gelassenheit, einladend und atmosphärisch offen – daher der Name „Piazza“.
Wie wollen Sie den Menschen begegnen?
Wir wollen da sein und Zeit haben, seelsorglich und hörend. Mir ist es dabei wichtig zu erfahren, was die Menschen bewegt, was sie von Kirche erwarten oder brauchen, wie ihre Hoffnungen und Ängste aussehen, welche Wünsche sie haben, welche Lebensthemen sie bewegen. Zudem werden wir als Team über die kirchlichen Möglichkeiten auskunftsfähig sein, über Taufe und Hochzeit, Beerdigungen oder Konfirmation. Direkt an der Ape wird auch die Gelegenheit sein, sich digital über Kirchengemeinden zu informieren oder Verbindungen zu wohnortsnahen Kirchengemeinden herzustellen. So sind wir wie ein „kirchlicher Bauchladen“ oder „Türöffner“ unterwegs und stehen zugleich für die Freiheit der Möglichkeiten, die in unserer Kirche selbstverständlich ist.
Was bieten Sie an der Ape dazu an?
Neben dem guten, fair gehandelten Kaffee sind Tafeln geplant mit Satzanfängen wie „Bevor ich sterbe, will ich noch …“, um über Himmel und Erde ins Gespräch zu kommen. So ein Plakat kann ein „Aufhalter“ sein auf dem Weg von A nach B. Wie im Gleichnis vom Sämann säen wir auch Samen aus und bieten Segens- und Bibelworte an einer Wäscheleine zum Losen. Wir verstehen uns auch selbst als Samen, indem wir uns für Begegnungen und Gespräche zur Verfügung stellen.
Wen erwarten Sie an der Ape?
Ich stelle mir eine ganz breite Palette von Menschen vor. Leute, die gerne mal mit uns diskutieren und ihren Frust über Kirche ablassen, aber auch die, die sagen: Endlich hat mal jemand Zeit für mich, für ein Gespräch.
Der erste Termin ist diese Woche vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Wie geht es weiter?
Ich hoffe, dass wir im Mai nächsten Jahres weitermachen können. Es gibt auch schon Anfragen von Kirchenkreisen. Rauszufahren liegt vielen Menschen und Gemeinden in der EKBO am Herzen – und die Ape steht dafür bereit, sie kann ausgeliehen werden.
Die Kaffee-Ape steht vom 4. bis 9. Oktober, jeweils von 10 bis 16 Uhr vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin-Charlottenburg.