10.09.2024
Er war eine Symbolfigur der DDR-Friedensbewegung: Der evangelische Theologe Friedrich Schorlemmer forderte Demokratie - und war doch Gegner einer schnellen Wiedervereinigung. Jetzt ist er nach langer Krankheit gestorben.
Berlin (epd). Der evangelische Theologe und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer ist tot. Schorlemmer starb am Montag nach langer Krankheit im Alter von 80 Jahren in einem Berliner Pflegeheim, wie der Evangelische Pressedienst (epd) am Dienstag aus Kreisen seiner Familie erfuhr. Der am 16. Mai 1944 im brandenburgischen Wittenberge geborene Friedrich-Wilhelm Schorlemmer war einer der wichtigsten Protagonisten der friedlichen Revolution in der DDR. Sein Tod löste bei Vertretern aus Kirche und Politik tiefe Trauer aus.
International bekannt wurde der Theologe 1983 mit der symbolträchtigen Umschmiedung eines Schwertes zu einer Pflugschar als Friedensaktion in Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Bei der regierungskritischen DDR-Großdemonstration am 4. November 1989 auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz gehörte auch Schorlemmer zu den Rednern. Er war Mitbegründer der Partei Demokratischer Aufbruch (DA), wechselte aber noch 1990 in die SPD. Nach der Wende engagierte er sich in der Kommunalpolitik seiner Heimatstadt Wittenberg.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) würdigte Schorlemmer als wichtige Stimme des Ostens und Symbolfigur der kirchlichen Friedensbewegung in der DDR. Er habe wortmächtig den Freiraum der Kirche genutzt. „Schorlemmer war Mitinitiator der Bürgerrechtsbewegung und eine Leitfigur der friedlichen Revolution“, sagte Haseloff. Nach der Wiedervereinigung sei er ein kritischer Begleiter der deutschen Einheit gewesen. Er habe sich immer wieder eingemischt und den öffentlichen Diskurs beeinflusst, so der CDU-Politiker.
Der Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, nannte Schorlemmer eine klare und streitbare Stimme für Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit: "Mit Friedrich Schorlemmer verliert die mitteldeutsche Kirche einen ihrer großen Geister, der über die mitteldeutsche Kirche hinaus in ganz Deutschland eine wichtige Stimme gewesen ist.
Schorlemmer wurde am 16. Mai 1944 im brandenburgischen Wittenberge geboren und wuchs in Werben in der Altmark auf. Nach einem Theologiestudium in Halle war er zunächst in den Franckeschen Stiftungen und danach als Studentenpfarrer in Merseburg tätig. Später wurde er Dozent am Evangelischen Predigerseminar und Prediger an der Wittenberger Schlosskirche. Von 1992 bis 2007 war er zudem Studienleiter an der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt.
Sein langjähriger Weggefährte, der frühere Oberbürgermeister von Wittenberg, Eckhard Naumann (SPD), sagte zu Schorlemmers Tod: „Ich finde es traurig, dass eine Stimme, die den Osten erklären könnte, jetzt nicht mehr erhoben werden kann.“ Seine christliche Überzeugung sei seine Orientierung gewesen. Zudem habe er die Sensibilität besessen, auf Aktuelles einzugehen und dies zugespitzt zu fokussieren.
Der Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Thomas T. Müller, nannte Schorlemmer einen ebenso klugen wie findigen Leiter des Wittenberger Predigerseminars. In seiner besonderen Art habe er sowohl den DDR-Funktionären als auch der Staatssicherheit immer wieder einmal ein Schnippchen geschlagen.