Mehr als Martin Luther King

27.09.2020

Im AKD ist eine Website mit Material zur Antirassismus-Arbeit im Religionsunterricht entstanden

Foto: John Cameron / UnsplashFoto: John Cameron / Unsplash

In der Wochenzeitung "die-kirche" ist eine dreiteilige Serie „Rassismus und Kirche – Anregung zum Nachdenken und zur Diskussion“ gestartet, die wir hier abbilden wollen. Vikarin Maike Schöfer wird sich in den kommenden Wochen damit auseinandersetzen, wie Kirche mit Rassismus umgeht, was Institutionen und Mitglieder noch lernen können und worüber gesprochen werden sollte. 

Von Maike Schöfer

Seit dem 25. Mai, als der Afroamerikaner George Floyd im US-amerikanischen Minneapolis durch Polizeigewalt getötet wurde, wird in Medien und Gesellschaft das Thema Rassismus wieder stark diskutiert. Das ist wichtig und längst überfällig. Verhältnismäßig wenig über Rassismus wird allerdings im kirchlichen Raum gesprochen und schon gar nicht im Zusammenhang mit dem Religionsunterricht. Bildung ist ein wichtiger Schlüssel im Kampf gegen Rassismus.  „Das muss in die Ausbildung rein. Es muss Schulfächer geben, die ‚Machtkritisch Denken lernen‘ heißen“, forderte die Antirassismustrainerin und Autorin Tupoka Ogette kürzlich in einem Interview mit dem ZDF. „Überall, wo Menschen an Schaltstellen sitzen, wo Rassismen reproduziert oder verhindert werden können, müssen wir die Rassismuskritik tief und nachhaltig in der Ausbildung verankern.“

In der religionspädagogischen Ausbildung und Arbeit ist das Thema Rassismus wenig präsent. Fortbildungen oder Workshops vonseiten der Schulen, des Bildungsministeriums oder der Kirche gibt es nur wenige. Ebenso dürftig sieht es im Bereich der Unterrichtsmaterialien, der Bücher, Filme und Arbeitshilfen aus. Auch der Rahmenlehrplan für Religionsunterricht der EKBO erwähnt Rassismus nur im Zusammenhang mit Martin Luther King.

Paula Nowak ist Studienleiterin für Religionspädagogik im Bereich Medienpädagogik des Amts für kirchliche Dienste (AKD) und hat sich dem Thema Antirassismus-Arbeit im Religionsunterricht angenommen. Sie hat die aktuelle Diskussion vor allem in den sozialen Meiden verfolgt: „Speziell auf Instagram habe ich einen konstruktiven Diskurs wahrgenommen. Hinzu kam, dass viele zu Recht forderten, es bräuchte dringend Antirassismus-Material für die Bildungsarbeit“. 

Daraufhin hat Paula Nowak eine Website eingerichtet, die es Religionspädagog*innen ermöglicht „im Unterricht ein Bewusstsein zu schaffen, Rassismus im Alltag zu erkennen und ihm entgegenzutreten: bei der Sprachwahl, im Verhalten, in den eigenen Gedanken“, wie es dort heißt. Die Website ist handlungsorientiert  und multimedial aufgebaut, zeigt Videos, verweist auf Podcasts, Kinder- und Jugendliteratur. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und befindet sich im stetigen Aufbau. Es werden verschiedene Bereiche  thematisiert, wie Alltags- und struktureller Rassismus. Ab Ende September soll es ein Modul zu den Liedern der Sängerin Beyoncé geben. 

Aber es geht auch um Selbstreflexion der Lehrenden. „Ich möchte Pädagog*innen animieren, Antirassismus so oft wie möglich mitzudenken. Selbstreflexion ist der notwendige erste Schritt“, sagt Paula Nowak, die selbst lange als Religionslehrerin gearbeitet hat. Dazu steht ein eigenes Modul bereit.

Seit Mitte August ist die Website online. Und es gibt schon Rückmeldungen, zum größten Teil positiv: „Ich werde regelmäßig über die Zugriffszahlen informiert, die wohl relativ hoch sind. Ich freue mich über jede*n, der oder die sich von dieser Website inspiriert fühlt und mit Heranwachsenden über Rassismus ins Gespräch kommt.“ Eine Website alleine reicht natürlich nicht aus, um strukturellen Rassismus zu bekämpfen. Gerade im kirchlichen Raum muss kritisch die rassistische Vergangenheit und Gegenwart aufgearbeitet werden. 

James H. Cone, Mitbegründer der Schwarzen Theologie, erkannte eine Verstrickung von weißer Vorherrschaft und christlicher Theologie. Wie weiß ist die Theologie? Und inwieweit trug sie zu Sklaverei, Kolonialismus und Rassismus bei? Das sind Fragen mit denen sich Kirche und Theologie befassen müssen. Einen Teil trägt die Bildungsarbeit und der Religionsunterricht dazu bei. 

Die Website ist ein erster Schritt. Paula Nowak wünscht sich, „dass Schwarze Theologie und Rassismuskritik für zukünftige Religionspädagog*innen und Theolog*innen  keine Fremdwörter mehr sind“.

Die Website zur Antirassismus-Arbeit im Religionsunterricht ist erreichbar unter www.akd-ekbo.de/religionspaedagogik/antirassismus

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