Ratlosigkeit nach gescheiterter Wahl

04.04.2014

Im Kirchenparlament wird über die Gründe der Ablehnung des Präsidenten gerätselt.

4. April 2014. Berlin (epd). Große Überraschung - und auch Bestürzung: Die Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat die Verlängerung der Amtszeit ihres Chefjuristen verweigert. Nun muss ein neuer Kandidat gefunden werden.

Das Ergebnis war eindeutig: Für die Verlängerung der zehnjährigen Amtszeit des Berliner Konsistorialpräsidenten Ulrich Seelemann um zwei weitere Jahre bis zum Ruhestand 2017 gab es im Kirchenparlament am Freitag in Berlin keine Mehrheit. Nur 44 von 107 gültigen Stimmen entfielen auf den 62-jährigen gebürtigen Hamburger. Doch über die Gründe konnte nur spekuliert werden.


"Ich bin wirklich völlig fassungslos", kommentierte Rechtsanwalt Jann Fiedler die Entscheidung der Synode. Es könnte das Wahlverfahren gewesen sein, vermutet der Synodale aus Berlin: Die Kirchenleitung hatte nur einen Kandidaten benannt. Und auf dem Stimmzettel konnte nur "Ja" angekreuzt werden - oder gar nichts. "Ich kann mir vorstellen, dass die Leute über diesen Wahlzettel verärgert waren", sagt der Jurist. Das Verfahren sei "extrem ungeschickt" gewesen.

Einwände gegen Seelemann seien vorher nicht geäußert worden, sagt Fiedler. Und eine andere Verfahrensweise habe auch niemand beantragt. Die Verlängerung einer Amtszeit um nur zwei Jahre werde normalerweise nur bei schweren Verfehlungen verweigert. Und davon könne hier nicht die Rede sein. Bei einem zweiten Wahlgang, da ist er sich sicher, wäre Seelemann vermutlich gewählt worden: Weil das Kirchenparlament dann über die eigene Entscheidung erschrocken gewesen wäre.


Auch die Superintendentin des Berliner Kirchenkreises Tempelhof, Isolde Böhm, ist ratlos und tippt auf das Wahlverfahren. "Das war schwierig", betont die Theologin, auch weil nicht zwischen Ablehnungen und Enthaltungen unterschieden wurde. Alles, was keine Ja-Stimme war, wirke so wie eine Gegenstimme. Vielleicht hätten die Kirchenparlamentarier auch ihren Unmut über die Begrenzung von Amtszeiten für Pfarrer auf zehn Jahre an einem Ort zum Ausdruck bringen wollen. Vielleicht habe Seelemann einfach die Unzufriedenheit darüber abbekommen, ohne wirklich selbst gemeint zu sein.


Seelemanns kurze Vorstellung vor dem Kirchenparlament war durchaus selbstbewusst. Er wies auf die Erfolge seiner bisherigen Amtszeit hin - ohne selbstkritische Zwischentöne zu Pannen wie dem gescheiterten Pro-Reli-Volksentscheid. Auch der Hinweis, dass die Synodalen gern seinen Namen googeln dürften, um sich über die öffentliche Wahrnehmung seiner Tätigkeit zu unterrichten, zeugte von allem anderen als Demut.


Daher verwundert es nicht, dass sich auch Kritiker Seelemanns äußern, die aber ihren Namen nicht öffentlich lesen wollen. Die Kirchenleitung sei vorgewarnt gewesen und habe trotzdem nur einen Kandidaten aufgestellt, sagt eine Synodale. Vielleicht sei der Präsident auch stellvertretend für die oft nicht besonders geliebte Kirchenleitung abgestraft worden, vermutet ein anderer.


Seelemann, der als Richter an verschiedenen Hamburger Gerichten gewirkt hat und vor seinem Amt in Berlin mehr als zehn Jahre lang das evangelische Kirchenkreisamt Alt-Hamburg geleitet hat, habe die Quittung für das "autoritäre Gehabe der letzten zehn Jahre" bekommen, sagt ein anderer Kirchenparlamentarier. Sie hätten den Eindruck, Seelemann nehme sie nicht ernst, sagen wieder andere.

Seelemann selbst wollte das Wahlergebnis nicht kommentieren.


Bei der Synodaltagung ging alles weiter wie gewohnt, kein Innehalten, kein Kommentar. Der Präsident stand Rede und Antwort zu neuen Kirchengesetzen und erläuterte die Begründungen der Kirchenleitung. Ein Gesetz über die Angleichung des Mitarbeitervertretungsrechts an bundesweite Regelungen wurde nach seinen Ausführungen mit überwältigender Mehrheit angenommen.


Am Ende überwog im Kirchenparlament die Ratlosigkeit. Die Entscheidung der Synode gegen Seelemann habe etwas "dolchstoßmäßiges", sagt Jann Fiedler: "Das kann man nicht machen, und als Kirche schon gar nicht."

 

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