"Wir helfen, wo wir helfen können"

16.03.2022

Eine Berliner Kirchengemeinde nimmt Ukraine-Flüchtlinge auf

Vor fast 87 Jahren tagte hier die Synode der NS-kritischen Bekennenden Kirche, im Zweiten Weltkrieg wurden nach Bombenangriffen Flüchtlinge aufgenommen: Nun kommen erneut Flüchtlinge in dem evangelischen Gemeindehaus unter - diesmal aus der Ukraine.

Berlin (epd). Vor dem roten Backsteingebäude im Berliner Südwesten herrscht reger Betrieb - und drinnen auch: Die evangelische Markusgemeinde im Stadtteil Steglitz beherbergt seit dem Wochenende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Das Gemeindehaus wurde dafür kurzerhand freigeräumt. Einen Schlafsaal und zwei extra Zimmer mit zusammen gut hundert Plätzen gibt es dort nun, Spielgelegenheiten für die Kinder und Lagerräume für die vielen Sachspenden, die dort in den vergangenen Tagen eingegangen sind und weiter eingehen.

„Drogerielager“ steht jetzt auf einem Zettel an der Tür des Seelsorgeraums im Erdgeschoss. Wo Pfarrerin und Pfarrer sonst Seelsorgegespräche führen, stapeln sich nun Duschzeug, Toilettenpapier, Windeln, Babynahrung. Der Besprechungsraum wurde zum Wäschelager umfunktioniert, im Flur stehen Regale mit Lebensmitteln, weiter vorne am Eingang Kleiderständer mit Mänteln und Jacken, Unmengen von Kisten mit anderer Kleidung, unzählige Paare von Second-Hand-Schuhen. „Wir nutzen wirklich alle Räume“, sagt Küsterin Jana Gampel.

Am Sonntag sei der erste Bus mit rund 45 Flüchtlingen angekommen, erzählt Pfarrer Sven Grebenstein. Derzeit seien 60 bis 70 Menschen im Gemeindehaus untergebracht, darunter auch einige aus Afrika stammende Männer, die in der Ukraine studiert haben. Das Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten erkundige sich dreimal täglich nach freien Kapazitäten. Die Fluktuation sei sehr hoch. Manche wollen schnell weiter zu Verwandten, andere müssen sich erst orientieren.
Zwei Frauen stehen an diesem Mittwochvormittag mit zwei Kindern und wenig Gepäck vor dem Eingang in der Sonne. Sie wollen zum Flughafen. „Sie gehen nach Istanbul“, erzählt Pfarrerin Carolin Göpfert. Sie hätten dort Verwandte ausfindig gemacht, die ihnen Flugtickets gebucht hätten. Am Tag davor habe eine Familie Verwandte in Köln kontaktieren können, erzählt Pfarrer Grebenstein: „Wir haben sie dann zum Zug gebracht.“ Nicht alle, die kommen, können auch ohne Probleme untergebracht werden. Ein Helfer sei gerade mit drei Heroinabhängigen zum Drogennotdienst losgefahren, damit sie dort Hilfe bekommen, sagt der Pfarrer.

Vom Engagement für die Flüchtlinge sind Pfarrerin und Pfarrer begeistert. „Wir haben ganz tolle Unterstützung“, sagt Grebenstein, aus der Gemeinde, dem Stadtteil und darüber hinaus. Ärztinnen und Ärzte hätten sich gemeldet, um zu helfen. Die Feldbetten für den Schlafsaal in der dritten Etage habe das Rote Kreuz in Brandenburg organisiert, weil in Berlin keine mehr verfügbar gewesen seien. Die Apotheke schräg gegenüber hilft. Demnächst wird ein Impfbus erwartet, um Coronaimpfungen mit in der EU anerkannten Vakzinen anzubieten. Russischsprachige Gemeindemitglieder übersetzen. Ein Installateurbetrieb hat kostenlos zwei Duschen eingebaut. Ein Polizist hat gerade zum zweiten Mal die Nachtschicht in der Notunterkunft übernommen.

Mehrere hundert Menschen würden regelmäßig oder gelegentlich helfen, erzählt Pfarrerin Göpfert. Ein älterer Mann spricht die Pfarrerin an und drückt ihr 100 Euro in die Hand. „Ich möchte gerne eine Geldspende abgeben“, sagt er und geht dann weiter. Ein anderer Mann kommt zum Gemeindehaus und fragt, wo er seinen Transporter mit Sachspenden abstellen kann. Die Lagerräume im Haus platzen inzwischen aus allen Nähten, nun sollen auch Räume in der benachbarten Kita der Kirchengemeinde genutzt werden. Die Spenden würden auch gebraucht, als solide Grundlage für den Bedarf der kommenden Tage und Wochen, betont Grebenstein: „Wir sind total dankbar, dass es diesen furiosen Spendenauftakt gibt.“

An diesem Tag ist auch der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zu Besuch in der Gemeinde. „Wir helfen, wo wir helfen können“, sagt Christian Stäblein: „Das ist ganz selbstverständlich.“ Es gehe dabei nicht um Wettbewerb mit anderen Helfenden oder darum, „schick“ dazustehen. „Die Not geht uns an“, sagt der Bischof: „Alles andere interessiert nicht, außer die Hilfe für die Menschen, in guter Abstimmung mit dem Land Berlin.“

Von Yvonne Jennerjahn (epd)

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