Für die Lesung empfehlen wir die Bibel in gerechter Sprache (BigS).
Literatur: Ulrike Bail, Frank Crüsemann, Marlene Crüsemann, Erhard Domay, Jürgen Ebach, Claudia Janssen, Hanne Köhler, Helga Kuhlmann, Martin Leutzsch, Luise Schottroff (Hrsg.): Bibel in gerechter Sprache. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2006, ISBN 3-579-05500-3 und überarbeitete Taschenbuchausgabe 2011.
Die Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache beinhaltet eine Reihe geschlechter*gerechter Aspekte. Aspekte queerer Theologie werden bisher noch nicht aufgenommen. Die Texte machen Frauen sichtbar, aber sind in der Gefahr, eine Binarität von Mann und Frau nicht zu überwinden. Hier wäre jeweils die einzelne Lesung in der Liturgie selbstständig nachzubessern.
Die Bibel in gerechter Sprache ist eine Übersetzung der biblischen Schriften (einschließlich der Apokryphen) aus den Ursprachen ins Deutsche. Sie wurde in den Jahren 2001 bis 2006 von 52 Bibelwissenschaftler*innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeitet.
Die Bibel in gerechter Sprache wurde von anerkannten Fachleuten übersetzt. Sie entspricht dem wissenschaftlichen Standard der Übersetzungswissenschaften. Sie berücksichtige neben der aktuellen sprachwissenschaftlichen Diskussion auch Anliegen der feministischen Theologien und der geschlechterbewussten Theologien. Es werden jedoch auch Fragen des jüdisch-christlichen Dialogs, der Sozialethik und der Befreiungstheologien aufgenommen.
Sie wolle sich „nicht nur durch ihr Profil von anderen Übersetzungen unterscheiden, sondern auch dadurch, dass sie dieses Profil von Anfang an offenlegt“ (S. 9). Dabei wolle sie nicht an die Stelle der herkömmlichen Bibelübersetzungen treten, sondern verstehe sich als Ergänzung zu ihnen und als ein neuer „Zwischenstand auf einem Weg, der niemals zu Ende ist“ (S. 26). Der Interpretation der biblischen Botschaft liege eine eigene Vorstellung von Gerechtigkeit zugrunde. Daher wollen die Übersetzer*innen nicht nur im Sinne herkömmlicher sprachlicher Genauigkeit den Texten gerecht werden, sondern das ihrer Interpretation nach ursprünglich Gemeinte der biblischen Botschaft so ermitteln, wie es den Verstehensbedingungen des einundzwanzigsten Jahrhunderts entspricht. In der Einleitung (S. 10) werden als Aspekte des besonderen Profils dieser Übersetzung genannt:
Die Übersetzung berücksichtigt Folgendes:
1. Frauen werden überall dort, wo sozialgeschichtliche Forschungsergebnisse nahelegen, dass sie mitgemeint sind, ausdrücklich benannt. So spricht die Bibel in gerechter Sprache von „Jüngerinnen und Jüngern“ oder von „Pharisäerinnen und Pharisäern“, weil das das Neue Testament selbst sagt (vgl. Lk 8,2–3 Lut) bzw. weil sozialgeschichtliche Forschungen ergeben haben, dass diese Gruppierungen Frauen einschlossen.
2. Es soll deutlich werden, dass Jesus und seine Jünger sich als Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft verstanden, in der sie zwar kritische Akzente setzten, von der sie sich aber nicht – wie die spätere Kirche – grundsätzlich abgrenzten. So werden beispielsweise die Antithesen der Bergpredigt (Mt 5,21–48 EU) nicht mehr mit dem abgrenzenden „Ich aber sage euch“, sondern im Sinne rabbinischer Auslegungspraxis als „Ich lege euch das heute so aus“ übersetzt.
3. „Soziale Realitäten“ wie etwa die Sklaverei oder die Gewaltstrukturen des Römischen Reichs, die der Text benennt, sollen klar erkennbar sein und nicht, wie häufig in früheren Übersetzungen, verharmlost oder spiritualisiert werden. Die „Magd“ aus der Übersetzung Martin Luthers etwa wird wieder zur „Sklavin“, weil dieser Begriff die „Unterdrückungsbedingungen“ präziser bezeichne.
4. Ferner soll dem Glauben, dass Gott menschliche Erkenntnis- und Benennungsmöglichkeiten übersteige, dadurch Rechnung getragen werden, dass der – nach jüdischer Tradition unaussprechliche – Eigenname Gottes (JHWH) nicht in patriarchaler Sprache als „Herr“ übersetzt werde. Stattdessen biete die Bibel in gerechter Sprache dort, wo im Grundtext der Eigenname Gottes steht oder gemeint ist, unterschiedliche Lesemöglichkeiten an: Der Lebendige, die Lebendige, ErSie, der Ewige, die Ewige, Schechina, Gott, Ich-bin-da (Ex 3,14 EU) u. a.
Von den meisten anderen Übersetzungen unterscheidet sich die Bibel in gerechter Sprache auch dadurch, dass sie keine Zwischentitel ergänzt und sich, was die Gliederung der hebräischen Bibel angeht, der in der hebräischen Bibel üblichen Abfolge (Tora – Prophetische Bücher – Schriften) anschließt. Zentrale griechische und hebräische Wörter werden in einem Glossar erklärt.
Geschichte und Herausgeber: Die Bibel in gerechter Sprache wird herausgegeben von Ulrike Bail, Frank Crüsemann u.a. und erschien 2006 nach fünf Jahren Übersetzungstätigkeit in Gütersloh. Von ihrem Selbstverständnis her ist sie eine Ergänzung der deutschsprachigen Bibelübersetzungen. Seit 2011 gibt es auch eine handlichere Taschenausgabe mit Ergänzungen im Glossar und Überarbeitungen der Übersetzungen.
Umfang: das hebräische Alte Testament mit Apokryphen bzw. Deuterokanonischen Schriften und das Neue Testament
Anliegen und Übersetzungstyp: Anliegen der „Bibel in gerechter Sprache“ ist ein vierfaches: 1. Gerechtigkeit gegenüber dem Text, dessen Fremdheit und Abständigkeit gewahrt werden soll, 2. Gerechtigkeit gegenüber Männern und Frauen, so dass v.a. durch die Wahl inklusiver Sprache Frauen nicht länger unsichtbar gemacht werden sollen, 3. Gerechtigkeit gegenüber der jüdischen Tradition, die nicht überbietungstheologisch abgewertet werden soll 4. Gerechtigkeit bzw. Realismus im Hinblick auf soziale Realitäten, deren Ungerechtigkeit durch die Übersetzung nicht verunklärt werden soll. Es gibt sich so eine philologisch genaue Übersetzung auf der Basis der BHS, Göttinger LXX und Nestle-Aland 27. Aufl., die zum Teil den Text gezielt mit der Nennung der weiblichen Formen erweitert oder das grammatische Genus ändert. Aufgrund der Vielzahl von Übersetzern ist die Übersetzung in sich uneinheitlich. Auch die Wiedergabe des im Druck grau hinterlegten Gottesnamens variiert (Adonaj, GOTT, Sie / Er, der/die Heilige, der/die Eine…). „Herr“ wird als Gottesname ausdrücklich vermieden.
Präsentation und Zusatzmaterial: Die Bibel in gerechter Sprache folgt im Aufbau dem TaNaK (Tora – Propheten – Schriften), bringt dann Apokryphen bzw. deuterokanonische Schriften und Neues Testament. Die Einleitungen zu den einzelnen Büchern sind von hohem bibelwissenschaftlichen Niveau.
Am äußeren Seitenrand finden sich innerbiblische Verweisstellen, am inneren Seitenrand hebräische bzw. griechische Begriffe, die im Glossar nachgeschlagen werden können. Das Glossar, in dem hebräische und griechische Begriffe mit semantischer Weite und von hoher theologischer Bedeutung erklärt werden, folgt dem Anliegen größtmöglicher Transparenz bei der Übersetzung. Das Druckbild ist typographisch äußerst gelungen. Anmerkungen inhaltlicher Art und zur Übersetzung finden sich im Anhang. Da keine Zwischenüberschriften gesetzt sind, besteht die Möglichkeit, sich dem Text unvoreingenommen zu nähern.
Zielgruppe: Eine Übersetzung für alle, die den Mut haben, traditionelle Übersetzungen zu hinterfragen, aber auch, sich kritisch mit der Gesamtkonzeption und der Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache im Einzelnen auseinanderzusetzen. Mit dem Verweis auf Begriffe in der Originalsprache und dem Glossar ist eine große Annäherung an den Originaltext möglich. Als Ergänzung zu den traditionellen Übersetzungen in jedem Fall zu raten!