28.04.2025
Pröpstin Christina-Maria Bammel im Gespräch über Hoffnung, Mut und Menschenrechte
Wer sich im Iran für Menschenrechte einsetzt, riskiert sein Leben. Die alltägliche staatliche Kontrolle, insbesondere von Frauen, hat unerträgliches Ausmaß angenommen. Menschen werden kriminalisiert und in ihren Grundrechten beschnitten, internationale Menschenrechtsstandards verletzt.
Bei einem Informations- und Diskussionsabend am 12. Mai berichten Menschen aus dem Iran von ihren Erfahrungen. Mit ihrem Widerstand fordern sie eine menschenverachtende religiöse Diktatur heraus. Bei der Diskussion sollen historische Hintergründe der Gewaltherrschaft beleuchtet werden. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse könnten den Weg in eine demokratische Republik weisen, freiheitlich, gerecht und ohne Gewalt?
Gäste:
Sahar Sanaei: setzt sich u. a. als Mitglied bei "Association Internationale pour l'égalité des femmes" für Menschenrechte im Iran ein
Mahshid Masoumi: Familienangehörige wurden vom Schah-Regime und vom Khomeini-Regime ermordet,
Paria Kahandel: Ihr Vater war mehr als zehn Jahre Gefangener der islamischen Republik des Iran.
Mohsen Mirzadeh: wurde bereits als Schüler in politische Haft genommen, lebt heute mit seiner Familie in Deutschland
Im Gespräch mit Javad Dabiran, stellv. Leiter des Deutschlandbüros des Nationalen Widerstandsrates Iran, und Christina-Maria Bammel, Pröpstin der EKBO. Der Superintendent des Kirchenkreises Reinickendorf in der EKBO, Thomas Harms, moderiert den Abend und das Gespräch.
Eine Einladung der EKBO und des Kirchenkreises Reinickendorf gemeinsam mit der Exil-Iranischen Gesellschaft in Berlin e.V. Die Veranstaltung ist öffentlich. Wir bitten um Anmeldung unter proepstin@ekbo.de; Tel: 030-24344-270. Der Informations- und Diskussionsabend findet am 12. Mai 2025 um 18 Uhr in der Apostel-Petrus-Gemeinde, Wilhelmsruher Damm 161, 13439 Berlin, statt.
Zur Vorbereitung auf den Informations- und Diskussionsabend am 12. Mai 2025 hat Bianca Krüger mit Pröpstin Christina-Maria Bammel über die Bedeutung der Veranstaltung, die Herausforderungen für den Widerstand im Iran und warum Solidarität über Grenzen hinweg so wichtig ist, gesprochen.
Was macht es so wichtig, dass wir hier in Deutschland genau hinhören und uns solidarisch zeigen?
Pröpstin Christiana-Maria Bammel: Es kommt darauf an, jenseits der tagesaktuellen Schlagzeilen von den Erfahrungen der Menschen mit dem Regime zu hören, das seit weit über 40 Jahren an der Macht ist. Vor allem Frauen leben im Iran in einem System von Unterdrückung, wovon wir hier nur in Ansätzen eine Vorstellung haben. Die Lage der Menschenrechte dort und der Menschen hier, die sich auch in Deutschland gegen die iranische Gewaltherrschaft einsetzen und die nach einem Neuanfang hier mit Schwierigkeiten konfrontiert sind, kann niemanden kalt lassen. Zugleich ist es faszinierend, welche Kraft ein über die Jahre gewachsenes Netzwerk der Opposition entfalten kann. Davon werden wir hören.
Was erhoffen Sie sich ganz konkret von dieser Veranstaltung?
Pröpstin Christina-Maria Bammel: Diskussion, das Gespräch überhaupt, kann dabei helfen, die Situation, in der sich iranische Frauen befinden, besser zu verstehen. Es geht um einen informierten Blick über den Tellerrand der eigenen Welt, auch um die Aufklärung zu historisch-politischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, was ja nicht ganz einfach nachzuvollziehen ist. Die Frauen und Männer der Opposition müssen sich immer wieder mit den Folgen systematischer Desinformationen auseinandersetzen. Es beeindruckt mich, wie sich Männer und Frauen nicht abfinden mit dem jetzigen Zustand, auch wenn er schon so lange anhält. So verschieden die Menschen sind, so verschiedenen sind die Facetten der Hoffnung über die Zeit dieses Unrechtssystems hinaus. Das kann kein Kurzstatement, kein post, vermitteln. Das lässt sich nur gemeinsam mit den eingeladenen Frauen und Männern erleben. Das kann dann auch in zivilgesellschaftlicher Perspektive neue Impulse geben.
Warum ist es Ihnen ein Anliegen, sich für die Menschenrechte im Iran – besonders für die Rechte der Frauen – einzusetzen.
Pröpstin Christina-Maria Bammel: Es gibt viel zu viele Orte auf dieser Erde, wo Menschen gefoltert, gequält und hingerichtet werden. Der Iran ist ein Ort, an dem das in besonders brutaler Weise geschieht. Und die Machenschaften des Regimes reichen bis hinein nach Europa. Die Welt darf nicht zuschauen und schweigen, wenn ganze Familien auf Generationen zerstört werden. Unser Schweigen spielt der Gewalt nur in die Hände. Rückblickend muss ich sagen: Wir haben es in Europa erlebt, dass solche Systeme der Gewalt und der Willkürmacht zu einem Ende gebracht werden können. Teilen wir etwas von dieser Kraft der Befreiung und des Neuanfangs mit den mutigen Frauen und Männern. Ein säkularer, demokratischer Staat ist möglich.
Was gibt Ihnen persönlich Hoffnung, wenn Sie an den Widerstand im Iran und den Mut dieser Menschen denken?
Pröpstin Christina-Maria Bammel: Ich erlebe Frauen wie Sahar Sanaei, Mahshid Masoumi oder auch Masumeh Bolurchi gestärkt durch ihre Vision, eines Tages den Iran als ein Land zu erleben, das die gleichen Rechte für alle Menschen in seinen grundlegenden Ordnungen verankert hat. Die Männer und Frauen tragen das Land ihrer Herkunft im Herzen. Wie sie mit ihrer Angst, aber auch ihrer Empörung, Wut und Verzweiflung über geliebte verlorene Menschen leben und sich davon dennoch nicht überwältigen lassen, das gehört für mich zu dem, was wir an diesem Abend ins Licht heben und ins Gespräch bringen werden.
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„Die Kinder Adams sind aus einem Stoff gemacht,
als Glieder eines Leibs von Gott, dem Herrn, erdacht.
Sobald ein Leid geschieht nur einem dieser Glieder,
dann klingt sein Schmerz sogleich in ihnen allen wider.“
Diese persischen Gedichtzeilen kann man nachlesen in der Eingangshalle des Gebäudes der Vereinten Nationen in New York.