Judenfeindlichen Bildern aktiv etwas entgegensetzen

14.06.2022

EKD-Antisemitismusbeauftragter Staffa zur „Judensau"-Urteil des BGH

Der Bundesgerichtshof hat heute eine Klage auf Entfernung eines antijüdischen mittelalterlichen Schmähreliefs von der Fassade der Stadtkirche zu Wittenberg abgelehnt. Damit bestätigte der VI. Zivilsenat die Entscheidungen der Vorinstanzen. Zu dem BGH-Urteil erklärt Christian Staffa, Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche an der Evangelischen Akademie zu Berlin und Beauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für den Kampf gegen Antisemitismus: 

„Auch nach diesem Urteil bleibt aus evangelischer Sicht klar: Wir müssen uns intensiv an den judenfeindlichen Bildern in unserer Tradition abarbeiten und ihnen aktiv etwas entgegensetzen. Das können zum Beispiel antisemitismuskritische Bibelauslegung sein wie an der Evangelischen Akademie zu Berlin oder gemeinsame Foren mit Jüdinnen und Juden wie beim Deutschen Evangelischen Kirchentag. Es geht um Aufklärung im besten selbstkritischen Sinne in Theologie, Religionspädagogik und Kirchenkunst. 

Theologisch hat die Synode der EKD den Weg gewiesen: Als evangelische Kirche müssen wir bis an die Grundfesten der Theologie der Reformation gehen, um dort die antijüdischen Inhalte aufzuspüren und zu verändern. 

Das BGH-Urteil zeigt einmal mehr, dass die Auseinandersetzung um solche Schmähplastiken nicht juristisch zu lösen ist. Die meisten Gemeinden, an deren Kirchengebäuden es solche Schmähskulpturen gibt, setzen sich aktiv mit ihnen auseinander und distanzieren sich deutlich von ihnen. In Wittenberg geschieht dies mit einer eindrücklichen Stätte der Mahnung. 

Doch dürfen wir es dabei nicht belassen. Es geht um intensivere Aufklärung und aus meiner Sicht auch um visuell andere Lösungen. Das können zum Beispiel Abdeckungen oder Verhüllungen sein, die judenfeindliche Darstellungen nicht kaschieren, sondern dieses furchtbare Erbe unserer protestantischen Tradition zum Thema machen. Ebenso müssen wir auch andere Kunstwerke in den Blick nehmen als nur Skulpturen an Kirchenfassaden. Zum Beispiel stellt das Wittenberger Cranach-Altarbild mit seiner Darstellung des Abendmahls und der darin verzerrten Judasfigur eine große Herausforderung dar. Zugleich bietet es eine Chance, antisemitische Motive aufzudecken, die tief in der christlichen Tradition verwurzelt sind und die noch heute bis in den säkularen Antisemitismus hinein wirksam sind. 

Wichtig für die weitere Auseinandersetzung mit solchen Schmähskulpturen ist der Hinweis aus dem BGH-Urteil, dass unkommentierte judenfeindliche Darstellungen durchaus justiziabel sein könnten. Das sollte der Denkmalschutz bedenken, wenn er auf einer Sanierung auch judenfeindlicher Darstellungen besteht: Die dürften nach diesem Urteil zumindest ohne Markierung und Erläuterung des diffamierenden Bedeutungsgehalts nicht mehr möglich sein." 

Tagungen und Dokumentationen zum Umgang mit dem antisemitischen Erbe der Kirche 

Dr. Christian Staffa ist Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche an der Evangelischen Akademie zu Berlin. Im Januar 2022 erneuerte der Rat der EKD seine Berufung zum Beauftragten für den Kampf gegen Antisemitismus. Staffa ist der erste Inhaber des 2019 geschaffenen Amtes der EKD. 

Zum Umgang mit antisemitischen Bildnissen an und in christlichen Kirchen hat die Evangelische Akademie zu Berlin mehrere Tagungen veranstaltet. Die Beiträge der jüngsten Tagung „Bilderverbot?! Zum Umgang mit antisemitischen Bildern an und in Kirchen" von November 2021 erscheinen voraussichtlich Anfang Juli als epd-Dokumentation. Zu einer früheren Tagung erschien in derselben Reihe 2020 die Dokumentation „In Stein gemeißelt", die auf der Website der Akademie als Download abrufbar ist. 

Um den Einfluss christlich geprägter Tiefenstrukturen auf den modernen Antisemitismus geht es vom 27. bis 29. Juni bei der Fachtagung „Christliche Signatur im zeitgenössischen Antisemitismus", die am 29. Juni mit einer Podiumsdiskussion in der Französischen Friedrichstadtkirche zu Ende geht. Die Tagung bildet den Auftakt des Verbundprojekts „Christliche Signaturen des zeitgenössischen Antisemitismus", das die hergebrachten kategorialen Trennungen in der Antisemitismusforschung auf den Prüfstand stellt und stattdessen die fortwährende Gemengelage von „modernen" (rassistisch hergeleiteten) und „traditionellen" (christlich-theologisch begründeten) antijüdischen Vorurteilen in den Fokus nimmt.  

(Evangelische Akademie zu Berlin)

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