03.05.2021
Zwei Frauen hinter Gitterstäben im Gerichtssaal. Wie in einem Käfig vor Gericht in Belarus. Das ist erst einige Wochen her. Das Bild war kurz in allen Nachrichten. Und dann waren die Frauen verschwunden in Straflagern. Ein Urteil und eine Strafe dafür, dass sie über die Proteste in ihrem Heimatland Belarus informierten, über exzessive Gewalt gegen friedlich demonstrierende Menschen. Zwei Frauen im Käfig vor einem absurden Gericht. Aber mit einem Lächeln und dem Victoryzeichen. Mir gehen die Bilder der beiden Journalistinnen Katerina Bachwalowa und Daria Tschulzowa nicht aus dem Kopf. Katia und Dasha nennen die Freunde und Kolleginnen sie. 23 und 27 Jahre alt. Es ist unrecht, dass diese Stimmen zum Schweigen gebracht worden sind. Zum Schweigen gebracht werden sollen alle, die filmen und berichten, was geschieht. Journalistinnen und Journalisten werden stumm gestellt mit Gewalt und Erniedrigung. Aber kein Diktator wird es schaffen, alle Stimmen stumm zu stellen, auch wenn viele gewaltbereite Quälknechte für ihn arbeiten. Den Mund für die Verstummten öffnen. Die Aufforderung ist so alt wie die Bibel. Auch da steht das schon. Und es ist das Wort für den Monat Mai, weil jeder Monat ein eigenes biblisches Motto hat: Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen! Den Mund also aufmachen für alle, die unrecht behandelt werden. Auch für die beiden Journalistinnen Katia und Dasha. Heute, am 3. Mai, ist „Tag Pressefreiheit“. Aber das ist wirklich keine Angelegenheit nur für einen Tag. Zweimal dreihundertfünfundsechzig Tage erwarten Katerina Bachwalowa und Daria Tschulzowa im Straflager. Jeder Tag ist einer zu viel. Aber jeder neue Tag gibt die Chance für Pressefreiheit. Also, Stimme geben.