04.12.2024
Ehrenamt in der EKBO
Am 5. Dezember ist der Internationale Tag des Ehrenamtes. An diesem Tag soll an das ehrenamtliche Engagement von Menschen erinnert werden.
Ehrenamtliches Engagement ist eine starke und wertvolle Stütze unserer Gesellschaft.
In den kommenden Tagen stellen wir Menschen vor, die sich ehrenamtlich in der EKBO engagieren. Wir wollen zeigen, welch große Bedeutung ihre Arbeit hat.
Das Gemeindehaus in der Markus-Gemeinde in Berlin-Steglitz ist seit März 2022 eine Notunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine, bis zu 55 Betten stehen im Gemeindesaal. In den letzten Jahren hat die Gemeinde vielen schutzsuchenden Menschen eine erste Unterkunft mit Verpflegung und Betreuung geboten.
Carolin Marie Göpfert erzählt von einer besonderen Frau – Tetiana, die aus der Ukraine geflohen ist:
„Tetiana – Hallo, ich bin aus der Ukraine“ lese ich auf einem kleinen Namensschild, das sie stolz trägt. Ich treffe sie in unserem Gemeinde-Café, dem „Treffpunkt Markus“. Wenn das Café geöffnet hat, ist sie da – und auch sonst, gefühlt irgendwie immer. Am Samstagabend kommt sie mit ihrer Mutter zum Friedensgebet, am Sonntag trifft sie sich mit einer Gruppe von Frauen und singt ukrainische Volkslieder. Und selbst an den Tagen, in denen es im Haus nicht viel zu tun gibt, ist sie da: Schaut nach dem Rechten, backt noch einen Kuchen oder wischt mal über einen Tisch. Seit etwa einem halben Jahr engagiert sich Tetiana ehrenamtlich in der Markus-Gemeinde. "Es ist hier ein bisschen wie eine Familie", lacht sie.
Tetiana hat hier neue Bekanntenschaften gefunden. Mit Marita und Johanna arbeitet sie zusammen im Café. In der Bücherstube nebenan sortiert Armin die Titel, Angelika und Julitta bieten am Basartisch im Foyer schöne Dinge zur Weihnachtszeit an, in der Kleiderkammer berät Sylvie die Kundschaft. "Es macht Spaß zusammen," sagt sie. Tetiana serviert Heißgetränke, Naschwerk oder leckeren Kuchen und plaudert mit den Gästen. Deutsch lernt sie fleißig. Stolz erzählt sie in ihrem Sprachkurs, dass sie täglich in Gespräche verwickelt ist. Oft trifft sie Menschen auf der Straße, die sie aus dem "Treffpunkt" kennt: "Dann begrüßen und umarmen wir uns," erzählt sie lächelnd.
Tetiana kam nicht freiwillig nach Berlin. Sie ist hier, um vor dem Krieg in ihrer Heimat Schutz zu suchen. Sie kommt aus Charkiw im Nordosten der Ukraine. Die Stadt wird bis heute dauerhaft von der russischen Armee bombardiert. Als Tetiana im März 2022 in Berlin ankam, war das Haus ihrer Eltern zerstört und sie verletzt. Zunächst war sie bei gastfreundlichen Menschen privat untergebracht; nach sechs Umzügen und sieben Monate später kam sie in die Notunterkunft der Markus-Gemeinde. Die Unterbringung im Schlafsaal war deutlich weniger komfortabel als zuvor. "Aber es war schön, endlich wieder mit anderen Ukrainer:innen zu sprechen! Und in unserer Gemeinschaft hatten alle dasselbe Schicksal – das schweißt zusammen", berichtet sie.
Inzwischen hat Tetiana eine eigene Wohnung in der Nähe gefunden, aber ihre eigene Erfahrung lässt sie nicht los: „Ich erinnere mich gut daran, wie unsicher ich war, als ich in Berlin ankam. Ich möchte für Menschen da sein, die heute in einer ähnlichen Lage sind, wie ich damals war.“ Ihre Kontakte reichen über Berlin hinaus: Die ukrainischen Geflüchteten in Berlin haben aktiv selbst ein Netzwerk geknüpft, das den Menschen in ihrer Heimat hilft. Gerade im Winter bitten sie um Prothesen, Wärmesocken oder Vitaminpräparate für die Front. Tetiana erzählt, dass sie Kerzenreste sammeln, die sie einschmelzen und in Einmachgläsern mit Docht zu Glaslichtern machen. "Damit es in den Schützengräben wenigstens etwas Wärme gibt," sagt sie traurig. Wie gelangen die Güter in die Ukraine? "Nicht mit der Ukrainischen Post," sagt Tetiana, "das wäre zu teuer. Wir fragen günstigere Unternehmen oder Privatpersonen an, die ohnehin zwischen der Ukraine und Deutschland pendeln, die nehmen die Pakete mit."
Für Tetiana ist die Hilfe für andere zu einem neuen Lebensinhalt geworden. "Ich helfe gerne, ob im Café, bei Behördengängen oder wenn jemand eine Wohnung gefunden hat und Möbel aufgebaut werden müssen", sagt sie. "Ich sehe, dass ich etwas sinnvolles tue." Viel reden mag sie nicht über ihr Engagement, dafür ist sie zu bescheiden. Ihre Stimme klingt fest, ihr Blick ist sicher – diese Frau packt an. Ihre Eltern sind in Sicherheit, aber ihr Mann und ihr Sohn sind in der Ukraine. Täglich hört sie die Berichte aus der Heimat. Es sind selten gute Nachrichten. "Je mehr ich arbeite, desto weniger muss ich an die Gräuel zuhause denken", fügt sie nachdenklich hinzu. Was sie sich wünsche? "Frieden", sagt Tetiana entschieden, "Gerechtigkeit und Frieden."