Geschichtliches über Plattdüütsch in de Kirch

1992 – was für ein Aufbruchsjahr, auch für die plattdeutsche Regionalsprache!

Zur weltweit ersten evangelisch-lutherischen Bischöfin wurde von der Nordelbischen Landessynode Maria Jepsen gewählt. Im Bundesland Brandenburg ging mit dem Schuljahr 1992/93 erstmals der evangelische Religionsunterricht an den Start. In der Prignitz wurde auf Anregung von Gottfried Winter am 22. April 1992 von den Pfarrern Dr. Christian Bunners, Dietrich Wegmann und Gottfried Winter der Arbeitskreis Plattdüütsch in de Kirch Berlin-Brannenborch gegründet. Ebenfalls 1992 wurde erstmals zu einem Vierländertreffen in die Prignitz, nach Groß Breese (Grooten Brees) eingeladen. Zum Vierländertreffen kamen erstmals also Platt Sprechende aus Sachsen-Anhalt, Mecklenburg, Niedersachsen und Brandenburg zusammen. Von der Landeskirchenpolitik bis zur kirchlichen Arbeit vor Ort wurden damals Akzente auf Zukunft hin gesetzt. Alles begann mit diesen Aufbrüchen und ersten Schritten.

Darauf schauen wir nun nach 30 Jahren: Mehr Frauen in Leitungsämtern unserer Kirche. Der evangelische Religionsunterricht in Brandenburg ist erwiesenermaßen eine Erfolgsgeschichte. Und: Plattdeutsch lebt - auch in Brandenburg. Dass „Platt unplattbar, sozusagen nicht kleinzukriegen ist“, davon konnten Sie etwas sehen, hören und erleben,  z. B. auf dem Kirchentag des Kirchenkreises Prignitz in Lenzen (27.-29. Mai 2022). Engagierte aus vier Bundesländern – aus Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin-Brandenburg – kamen zusammen, um neue Kontakte zu knüpfen, sich des eigenen Auftrages zu vergewissern und den Willen zur Zusammenarbeit und das kirchliche Engagement im Niederdeutschen zu stärken.

Plattdeutsch in Brandenburg löst heutzutage ja vielfach noch ungläubiges Staunen aus. Das war vor 30 Jahren noch etwas anders. Niederdeutsch (oder auch Plattdeutsch) war vielfältig und zahlreich in den Familien, Dörfern und Regionen von der Prignitz bis zur Uckermark, im Fläming, im Barnim und im Havelland noch beheimatet und wurde noch im alltäglichen Sprachgebrauch angewandt. Von daher ist es ein Grund, dankbar und wertschätzend auf drei Theologen unserer Landeskirche zu blicken. Mit der am 22. April 1992 gegründeten Arbeitskreis Plattdüütsch in de Kirch Berlin-Brannenborch wurde von ihnen der Anfang gesetzt und in den zurückliegenden Jahrzehnten Wegweisendes – in je eigener Prägung – mit ihrem Engagement für das Niederdeutsche geleistet. 

Pfarrer Dr. Christian Bunners (*1934)
ist der Theologe und Fritz-Reuter-Forscher, der wissenschaftlich literarisch-kirchliche Brücken über Jahrzehnte mit dem Niederdeutsch bauen konnte und dafür warb. Mit seinen Vorträgen über christliche Aspekte im Leben und im literarischen Werk Fritz Reuters war er in plattdeutschen Veranstaltungen wie dem Plattdeutschen Pastoralkolleg in Loccum, dem Vier-Ländertreffen und im landeskirchlichen Arbeitskreis Plattdüütsch in de Kirch Berlin-Brannenborch ein wichtiger Partner.

Pfarrer Dietrich Wegmann (*1933)
aus Mittenwalde förderte stets im Fläming die niederdeutsche Regionalsprache. Er hatte seine plattdeutsch hörende Gemeinde, und diese fuhr ihm nach, kam nach Sacrow und Ribbeck. Fontanes Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland ist von ihm eingesprochen worden. Viele Jahre wurde von Pfarrer Wegmann anlässlich des Tags der Deutschen Einheit ein niederdeutscher Gottesdienst in der Roten Kapelle des Schlosses Liebenberg gefeiert. Seine kirchlichen Dienste in Plattdeutsch reichten bis nach Vorpommern.

Pfarrer Gottfried Winter (1937-2020)
war mit seinen Gastpredigten in der Prignitz, im Havelland, in der Altmark, aber auch bis Hamburg unterwegs und war Herausgeber von vier Predigtbänden.
1981 begann seine plattdeutsche Arbeit in der West-Prignitz, als er für seine seelsorgerliche Arbeit im Gespräch mit Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohnern diesen Schatz entdeckte. Nicht zu vergessen sind seine Übersetzungen von zahlreichen Kinderbüchern in das Prignitzer Platt, beispielsweise Wilhelm Buschs Max und Moritz.

Neben allem unermüdlichen Engagement meldete sich immer wieder die berechtigte Sorge oder auch die Warnung: „Mit den Sprecherinnen und Sprechern stirbt diese Sprache. oder: Es ist bereits 5 nach 12.“ Darauf reagierten auch wir in unserer Landeskirche. Im Oktober 2018 konstituierte sich der Arbeitskreis Plattdüütsch in de Kirch Berlin-Brannenborch mit 7 Mitgliedern neu. Hauptschwerpunkt liegt weiterhin in der gottesdienstlichen Verkündigung und der regionalen und vernetzenden Zusammenarbeit mit dem Verein für Niederdeutsch in Brandenburg e.V.  

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