Gedenkort für NS-Zwangsarbeiter in Kirchendiensten eingeweiht

13.11.2022

Die evangelische Kirche hat in Berlin für das einzige NS-Zwangsarbeiterlager in kirchlicher Verantwortung eine Gedenkstätte errichtet

Auch Jugendliche wirkten bei der Eröffnung der Gedenkstätte mit. Foto: Amet Bick / EKBO
Der Gedenkstein. Foto: Amet Bick / EKBO
Bischof Christian Stäblein hält zur Einweihung eine Predigt. Foto: Amet Bick / EKBO
Marion Gardei, die Beauftragte für Erinnerungskultur der EKBO. Foto: Amet Bick / EKBO

Am 13. November 2022 ist die neu ausgebaute Gedenkstätte NS-Zwangsarbeit für die Evangelische Kirche Friedhofslager Berlin-Neukölln mit einer Andacht von Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), auf dem evangelischen Friedhof Jerusalem V eröffnet worden. Wegen baulicher Verzögerungen konnte die Gedenkstätte zwar noch nicht ganz fertig gestellt werden, doch die Eröffnung sollte bewusst am Volkstrauertag stattfinden, an dem jährlich an die Opfer von Gewalt und Krieg aller Nationen gedacht wird.

Die evangelische Kirche hat in über 20 Jahren der Geschichte der Aufarbeitung in Berlin für das vermutlich deutschlandweit einzige Lager für NS-Zwangsarbeit in kirchlicher Verantwortung eine Gedenkstätte errichtet. Marion Gardei, Beauftragte für Erinnerungskultur in der EKBO dazu: „Evangelische Kirchengemeinden haben junge NS-Zwangsarbeiter in den Kriegsjahren 1942 bis 1945 für die Arbeit auf ihren Friedhöfen ausgebeutet. Für dieses Unrecht wollen wir Verantwortung tragen und durch die neue Gedenkstätte sichtbar machen. Gerade jetzt, wo die Zerstörung von Gesellschaften durch Krieg in der Ukraine nach Europa zurückkehrt, ist diese Erinnerung an menschliches Leid und gesellschaftliche Verantwortung so wichtig.“ Mit der Diskussion um Entschädigung für Zwangsarbeiter habe im Jahr 2000 die Aufarbeitung der Geschichte des Ortes begonnen. Eine Initiative aus dem Kreis der ehemals beteiligten Gemeinden nahm im Zuge der Aufarbeitung damals Kontakt zu ehemaligen Zwangsarbeitern auf.

Zur Historie:
Mit dem Ziel, das Geschehene zu rekonstruieren, begannen engagierte Ehrenamtliche mit der Aufarbeitung, indem sie die historischen Quellen identifizierten und zusammentrugen und vor allem  mit ehemaligen Zwangsarbeitern sprachen. Elf Fälle sind in der Gedenkstätte dokumentiert.

Den Initiatoren ging es darüber hinaus darum, Formen der Vermittlung zu finden und ein Gedenken an dieses Unrecht zu etablieren. Dazu wurde ein Stein des Gedenkens gestiftet, dessen herausgeschnittene Teile an die Kirchengemeinden gingen, die das Zwangsarbeiterlager eingerichtet hatten. Jedes Jahr zum Volkstrauertag, dem Gedenktag für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, werden die herausgeschnittenen Teile der Erinnerung wieder zusammengetragen und an das Unrecht mit einer Andacht erinnert.

2010 konnte mit Hilfe des Programms „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ und des Evangelischen Friedhofsverbands Berlin Stadtmitte eine umfangreiche Ausstellung in einem ehemaligen Blumenpavillon auf einem benachbarten Friedhof eröffnet werden. In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Geschichtsdidaktik der Freien Universität Berlin entstanden mehrere Unterrichtseinheiten zu dem Thema Zwangsarbeit und kirchliches Zwangsargeiterlager in Neukölln. Zu der Publikation der Quellen und des Lagertagebuchs von Wassilij Kudrenko kam die Veröffentlichung eines Begleitheftes zur Ausstellung, in der die Geschichte des Lagers und die Erinnerungsarbeit dokumentiert werden.

Grundlage für die weitere Planung und die Finanzierung durch die EKD, die EKBO und den Evangelischen Friedhofsverband Berlin Stadtmitte war der Entwurf einer Gruppe von Studierenden am Lehrstuhl für Design der FH Potsdam um Professor Dr. Detlef Saalfeld, der von nun an eine offizielle Gedenkstätte als zentraler Erinnerungsort für die ehemalige Zwangsarbeit in der Evangelischen Kirche in der NS-Zeit vorsah.

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