01.08.2024
Die Verringerung der Treibhausgas-Emissionen im laufenden Jahrzehnt ist einer neuen Studie zufolge entscheidend für die Verhinderung dramatischer Klima-Entwicklungen. Die derzeitige Klimapolitik berge ein hohes Risiko für das Kippen kritischer Elemente des Erdsystems, teilte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) unter Berufung auf eine am Donnerstag veröffentlichte Analyse mit. Es müssten deshalb Maßnahmen zur schnellen Reduzierung der Emissionen ergriffen werden. Die Studie zeige, dass das Risiko minimiert werden könne, wenn die Erderwärmung rasch umgekehrt wird.
PIK-Direktor Johan Rockström betonte, die neue Analyse untermauere, dass die Risiken des anhaltenden Klimawandels unterschätzt werden. Durch unzureichende Emissionsreduzierungen bestehe ein ständig wachsendes Risiko, dass die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter überschritten werde, warnte der Wissenschaftler: „Dieses Risiko müssen wir um jeden Preis minimieren, um verheerende Folgen für Menschen auf der ganzen Welt einzudämmen.“
Die Gefahr der auf sehr lange Zeit nicht umkehrbaren schwerwiegenden Klimaveränderungen bestehe selbst dann, wenn die globale Erwärmung nach einer Zeit der Überschreitung der Kipppunkte wieder auf unter 1,5 Grad Celsius beschränkt werde, hieß es. Der menschengemachte Klimawandel könne dann zu einer Destabilisierung von großräumigen Bestandteilen des Erdsystems wie Eisschilden, Luft- und Ozeanströmungen führen, den sogenannten Kippelementen.
„Zwar kippen diese Elemente nicht über Nacht, doch werden fundamentale Prozesse in Gang gesetzt, die sich über Jahrzehnte, Jahrhunderte oder Jahrtausende vollziehen“, betonte das PIK: „Diese Veränderungen sind so gravierend, dass ein Überschreiten der Kipppunkte unbedingt vermieden werden sollte.“
Die Forschungsergebnisse unterstrichen, wie entscheidend es sei, Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen und beizubehalten, hieß es. Das Kipp-Risiko nehme mit jedem Zehntelgrad zu, mit dem die 1,5-Grad-Grenze überschritten werde. Die gegenwärtig umgesetzte Klimapolitik führe Forschungsszenarien zufolge jedoch bis zum Ende des Jahrhunderts schätzungsweise zu einer globalen Erwärmung von 2,6 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit.
Auch wenn sich Zeitskalen bis zum Jahr 2300 oder noch weiter in die Zukunft sehr weit weg anfühlen, sei es wichtig, die mit Kippelementen verbundenen Risiken so gut wie möglich aufzuzeigen und zu benennen, hieß es weiter. Die Berechnungen der Studie zeigten, dass ein hohes Risiko von 45 Prozent bestehe, dass mindestens eines der vier untersuchten Elemente bis 2300 kippt, wenn es in diesem Jahrhundert beim Stand gegenwärtiger Klimapolitik und bestehender Klimaschutzmaßnahmen bleibe.
Im Mittelpunkt der Studie standen nach PIK-Angaben der grönländische Eisschild, der westantarktische Eisschild, die atlantische meridionale Umwälzzirkulation und der Regenwald im Amazonas. Diese vier Kippelemente regulieren demnach maßgeblich die Stabilität des Klimasystems der Erde.