18.08.2020
Stadtführung von der Marienkirche bis zur Charité
Von Ulrike Mattern
Der Text erschien in der Ausgabe 33 der evangelischen Wochenzeitung „die Kirche“
An einem Wochenende versammeln wir uns um 13 Uhr in einer gar nicht mal so kleinen Gruppe vor der St. Marienkirche in Berlin-Mitte. Die Sonne brennt, fast alle tragen eine Kopfbedeckung – und einen Mund-Nasen-Schutz. Der Historiker Bernd Gutberlet führt uns in den nächsten drei Stunden auf einer spannenden Zeitreise durch die Berliner Pandemiegeschichte. Diese begann nicht erst mit dem Corona-Virus, sondern im Mittelalter.
An der Marienkirche mit dem berühmten Wandgemälde „Berliner Totentanz“ starten wir. In der ältesten Dichtung Berlins, die wie ein „mittelalterlicher Comic“ aussieht, so Gutberlet, tanzt der Tod durch alle Gesellschaftsschichten. Er bleibt allgegenwärtig in den Zeiten der Pest, Mitte des 14. Jahrhunderts, wo die Stadttore Berlins geschlossen und „Pesthäuser“ markiert werden. Damals durften keine Gottesdienste stattfinden, befanden sich viele Seelsorger und Ärzte unter den Toten, starben 70 Prozent der Bevölkerung. „Wir können uns glücklich schätzen, die Pandemie nicht im Mittelalter zu erleben“, sagt der Stadtführer.
Pest, Pocken, Cholera, Spanische Grippe oder Tuberkulose, die Stadtentwicklung wird auch durch Pandemien vorangetrieben. Die Menschen setzten sich zur Wehr, nahmen ihr Schicksal nicht mehr klaglos hin. Sie kämpften für die Verbesserung der sanitären Verhältnisse und der Lebensbedingungen in den Elendsquartieren, die heutzutage schicken Hinterhöfen Platz gemacht haben. Forscher entwickelten Medikamente und Impfstoffe.
Ob Heilig-Geist-Kapelle, Berliner Dom, Humboldt Forum oder Kommunales Stadtbad in Mitte – im Anschluss an diese kenntnisreiche Führung werden Sie mit neuen Augen auf Ihre gewohnten Stadtrouten blicken.
„Die Berlin Pandemie-Tour. Seuchen machen Stadtgeschichte“, pro Person 20 Euro. Buchbar bei dem Stadtführer und Buchautor Bernd Gutberlet unter Telefon (0170)753 8 333, www.berlinfirsthand.de