17.02.2025
Das Wort auf rbb 88,8 von Bischof Christian Stäblein
Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer,
es ist verstörend, macht wütend und vor allem Angst. Der Schrecken scheint nicht aufzuhören: Erst vorgestern geschah wieder ein Anschlag durch einen jungen Menschen afghanischer Herkunft mitten in München, eine furchtbare Attacke mit dem Auto in einen Demonstrationszug hinein.
Wieder wurden viele Menschen aus ihrem Leben herausgerissen, verletzt, schwer verwundet. Wir sind mit unseren Gedanken bei den Betroffenen, bei den Angehörigen und bei allen Menschen in München, deren Leib und Seele verwundet worden ist. Es ist für unsere Gesellschaft furchtbar, wir ringen um politische Lösungen für die Zukunft und die Sicherheit in diesem Land.
Ich habe vor drei Tagen gemeinsam mit meinem katholischen Kollegen, Erzbischof Heiner Koch, die große Flüchtlingsunterkunft in Tegel besucht. Ich denke auf dem Hintergrund der Eindrücke von dort: Es ist auch für die vielen Migrantinnen und Migranten selber, auch die vielen in der großen Unterkunft in Tegel furchtbar, was in München passiert ist, denn es wirft sie alle mit dem Gewalttäter in einen Topf, in ein Bild.
Das stimmt aber so gar nicht. Niemand weiß das so gut wie die, die in Tegel dafür arbeiten und dafür sorgen, dass wir ein menschliches Land mit Herz bleiben. Ich habe vor Ort gesehen, mit welcher Hingabe die Menschen, die dort arbeiten, sich für die Geflohenen einsetzen und ihnen zur Seite stehen. Obwohl eine Massenunterkunft immer ihre eigenen Schwierigkeiten hat, gelingt es nahezu durchgehend, jeden und jede als Mensch zu sehen. Die meisten dort Untergekommenen sind aus der Ukraine, viele von ihnen mit kleineren oder größeren Kindern. Man sieht sie spielen und hört davon, wie sie zur Schule gehen. Man sieht die Bilder, die sie malen von dem, was sie zum Glück an Schrecken hinter sich gelassen haben. Es wird viel dafür getan, dass sie das verarbeiten oder zumindest mit diesen Bildern leben können. Und es wird viel dafür getan, dass sie hier gut ankommen und die Erwachsenen vor allem auch in Arbeit kommen können.
Beides habe ich vor Augen in dieser Woche: den Anschlag in München und den Besuch in Tegel. Nichts davon darf gegeneinander ausgespielt werden. Ich spüre nur: Es gilt gerade in diesen Tagen besonnen zu bleiben, genau hinzuschauen, gut zu unterscheiden und nahe beieinander und füreinander da zu bleiben.
In Tegel sind Seelsorgende und Mitarbeitende von den Johannitern und den Maltesern für die Menschen und ihr Leid, das Trauma das sie erlitten haben, da. Auch in München stehen Seelsorgerinnen und Seelsorger nun bereit. Sorgen auch wir gut füreinander, gerade in Zeiten, in denen es gilt beieinander zu stehen.